Kosten der Energiewende: Wie teuer sind EEG-Umlage & co?

Wie viele hunderte Milliarden Euro haben wir bereits für die Energiewende ausgegeben und wie viele Tausende Milliarden Euro kommen noch auf uns zu?

Eine Kugel Eis soll die Energiewende jeden Haushalt pro Monat kosten behauptete Jürgen Trittin.

Statt 12 Kugeln Eis bezahlen Haushalte nun 360 € pro Jahr allein für die EEG-Differenzkosten.

Das sind die reinen Subventionen, die Betreiber von EEG-Anlagen zusätzlich zum Markterlös erhalten.

Dazu kommen weitere Förderungen und Kosten, die Deutschlands Strompreise mit zu den höchsten weltweit machen.

Und das obwohl die Energiewende immer noch ganz am Anfang ist. Die Kosten steigen in Zukunft.

Was kostete die Energiewende bisher und was wird sie in Zukunft kosten?

Was kostete die Energiewende bisher?

Als Gesamtkosten der Energiewende ergeben sich bis einschließlich 2021:

  • ~500€ Mrd. – optimistisch
  • >1.000€ Mrd. – pessimistisch

…je nachdem welche Kosten man zählt.

Eine äußerst optimistische untere Grenze bei den Gesamtkosten der Energiewende bis einschließlich 2021 liegt bei rund 476 Milliarden Euro, wenn man nur direkte Kosten zählt.

Mehr als 1.000 Milliarden Euro Kosten ergeben sich hingegen unter Berücksichtigung von:

  1. Steuererleichterungen und Abwanderungen energieintensiver Industrie
  2. indirekte Folgekosten durch die Energiekrise
  3. externe Kosten durch den Atomausstieg

Alle diese Kosten folgen mehr oder weniger direkt aus dem Ziel der Energiewende: Ausbau von Erneuerbaren mit Atomausstieg und Erdgas als Brückentechnologie.

Umgerechnet auf ~41 Millionen deutsche Haushalte, sind das 550 bis 1.200 Euro im Jahr an Energiewende-Kosten zusätzlich zu den normalen Energiekosten.

EEG-Umlage: die teuerste Förderung der Energiewende

Was alles unter die Kosten der Energiewende fällt, ist umstritten. Die zahlenmäßig größte direkte Förderung lässt sich aber unmöglich leugnen, die EEG-Differenzkosten.

Dies sind die reinen Zuschüsse, die zusätzlich zum normalen Markterlös ausgezahlt wurden. Sie gingen seit 2000 an die Betreiber von Anlagen für Wind, Solar, Biomasse und sonstige Erneuerbare.

275 Milliarden Euro dieser Förderungen haben sich bis einschließlich 2021 aufsummiert. 1 Inflationsbereinigt sind das 304 €2022 Milliarden.2

Die EEG-Differenzkosten tauchten bisher als EEG-Umlage auf der Stromrechnung auf. Darauf mussten deutsche Privatverbraucher zusätzlich ~19 Milliarden Euro Mehrwertsteuer zahlen.3

Diese Steuereinnahmen sind allerdings nicht zweckgebunden und zählen daher nicht zu den Energiewende-Kosten, obwohl sie eine zusätzliche Belastung darstellen.

Seit 2020 werden die EEG-Differenzkosten teilweise und seit 2022 komplett aus Staatsmitteln finanziert. Sie sind spätestens jetzt auch in der engsten Definition des Wortes eine Subvention.

Diese 304 Milliarden Euro bilden den kleinsten gemeinsamen Nenner, auf den sich alle einigen können. Dazu kommen aber noch weitere Kosten durch die Energiewende.

Untere Grenze: Optimistische Energiewende-Kosten

Neben den EEG-Differenzzahlungen hat die Energiewende noch weitere direkte Kosten verursacht:

  • € 43 Mrd. Energie & Klimafonds – EKF (2011-2021)4
  • € 29 Mrd. Verteilnetz Neubau/Ausbau (2007-2021)5
  • € 27 Mrd. Übertragungsnetz Neubau/Ausbau (2007-2021)6
  • € 25 Mrd. Systemkosten Wind & Solar ohne Netzausbau (2000-2021)7
  • € 22 Mrd. Energieforschungsprogramm (1977-2021)8
  • € 21 Mrd. Wirtschaftliche Kosten des Atomausstiegs (2011-2021)9
  • € 18 Mrd. KWKG-Umlage (2000-2021)10
  • € 7 Mrd. KfW-Förderungen und -Kredite (2000-2025)11
  • € 4 Mrd. Umlage für Offshore-Haftung (2010-2021)12

(alle Kosten inflationsbereinigt in €2022)

Alle diese direkten Kosten summieren sich bis einschließlich 2021 auf € 478 Milliarden – ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Es sind Mehrkosten, die zu den normalen Energiekosten hinzukommen.

Die Kosten im Jahr 2021 erreichten mit 63 Milliarden Euro einen neuen Jahresrekord. Das liegt vor allem am Energie- und Klimafonds (EKF), dessen Ausgaben von 8 auf 23 Milliarden Euro stiegen. 13

In Zukunft dürften die Ausgaben des EKF sogar noch steigen. Unter dem neuen Namen Klima- und Transformationsfonds (KTF) wird ein Jahresbudget von 43 Milliarden Euro bis 2026 verwaltet.14

Die EEG-Differenzkosten sind hingegen wegen der Energiekrise auf Mindestwerte gesunken. Dafür sind die Strompreise wegen der Abhängigkeit von russischem Gas durch die Energiewende explodiert.

Obere Grenze: Pessimistische Energiewende-Kosten

Fast 500 Milliarden Euro Kosten für die Energiewende sind eine enorme Summe. Das sind aber noch nicht alle möglichen Energiewende-Kosten.

Der Bundesrechnungshof zählt zum Beispiel auch die Förderungen für die energieintensive Industrie zu den Kosten der Energiewende.

  • 10€ Mrd. Umlage nach §19 StromNEV (2012-2022)15
  • 50€ Mrd. Steuererleichterungen für stromintensive Industrie16

Die hohen Strompreise sind eine Folge der Energiewende, die sonst zur Abwanderung der Industrie führen würde.

Wer die Energiekrise ab 2021 als direkte Folge der Abhängigkeit von Erdgas durch die Energiewende sieht, muss diese Kosten addieren:

  • Entlastungspaket zur Energiekrise
  • Uniper-Verstaatlichung
  • Abwanderung energieintensiver Industrie

Allein für das Entlastungspaket wurden 200 Milliarden Euro zur Seite gelegt. Die Uniper-Verstaatlichung kostet 30 Milliarden.

Und nicht zuletzt verursacht die Energiewende auch externe Kosten:

  • soziale Kosten des Atomausstiegs
  • Blackout-Risikoprämie für Wind & Solar

Allein die sozialen Kosten des Atomausstiegs summieren sich auf 10,6 Milliarden Euro pro Jahr. 17

Inklusive dieser indirekten Kosten landen wir schnell bei 1.000 Milliarden Euro Energiewende-Kosten. Das sind alles Mehrkosten zusätzlich zu den normalen Energiekosten.

Gesamtkosten der Energiewende: Wie teuer wird es bis 2045/2050?

500 bis 1.000 Milliarden Euro sind eine unglaubliche Summe. Die verblasst aber gegenüber den enormen noch zu erwartenden Kosten der Energiewende bis 2045.

Erklärtes Ziel der Energiewende ist eine Versorgung mit 100% Erneuerbaren. Beim Energieverbrauch 2022 sind wir erst bei 22% Erneuerbaren.

9 Prozentpunkte davon sind Biomasse und Wasserkraft, die nicht mehr ausbaubar sind. Das heißt die heutigen 13% Wind und Solar müssen in Zukunft auf 91% anwachsen.

Wir sind also zur Halbzeit der Energiewende erst 10% fertig. Und die ersten 10% waren deutlich einfacher als es die verbleibenden 90% werden:

  1. Die besten Standorte für Windräder sind weg
  2. Sektorkopplung ist deutlich schwerer als nur Stromerzeugung
  3. Tagesspeicher und vor allem Saisonspeicher sind extrem teuer

Obwohl also die Investitionskosten vieler Energiewende-Technologien stark gegenüber dem Jahr 2000 gesunken sind (auch dank der Energiewende), bleiben die Kosten der Energiewende weiterhin hoch.

4.967 Milliarden Euro sind die Mehrkosten der Energiewende von 2020 bis 2045 laut einer aktuellen Studie von Prognos im Auftrag der deutschen Förderbank KfW.18

Das wären also dann Mehrkosten von 4.800 Euro pro Jahr für jeden Haushalt über die nächsten 25 Jahre.

CO2-Vermeidungskosten: Nutzen der Energiewende

Wo Mehrkosten entstehen, erwarten wir einen Nutzen. Die Frage ist, wie hoch dieser Nutzen im Vergleich zu den Kosten ist. Genau das drücken die CO2-Vermeidungskosten aus.

Die CO2-Emissionen in der Energiewirtschaft fielen von 385 Mio. tCO2ä im Jahr 2000 auf 247 Mio. tCO2ä im Jahr 2021. Das ist eine Differenz von 138 Mio. tCO2ä pro Jahr.19

In absoluten Zahlen entspricht dies einer Einsparung von 2.760 Mio. Tonnen CO2 – unter der vereinfachten Annahme einer nachhaltigen Reduzierung über die nächsten 20 Jahre ohne Zusatzkosten.

Nur ein Teil dieser Einsparungen geht überhaupt auf das Konto der Energiewende. Pro Jahrzehnt gehen die Emissionen allein durch Modernisierungen um einige Prozente zurück.

Aber tun wir ruhig so, als wären alle CO2-Reduktionen der Energiewende zu verdanken. Bei 478 Milliarden Euro Energiewende-Kosten entspräche das CO2-Vermeidungskosten von 173€ pro Tonne CO2-Äquivalente.

Zum Vergleich: eine Tonne CO2 kostet aktuell rund 80 Euro im europäischen Emissionshandel (ETS).20 Die allermeisten CO2-Vermeidungskosten liegen unter 100 Euro.

Die Energiewende ist also deutlich teurer als der Emissionshandel. Noch dazu ist ein Großteil der Energiewende durch den Emissionshandel redundant.

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EEG-Paradoxon: Umlagemechanismus als Treiber hoher Strompreise

Strom aus Erneuerbaren Energien wird in Deutschland für 20 Jahre mit einer festen Einspeisevergütung subventioniert. Der Erzeuger bekommt also einen Mindestbetrag pro kWh, auch bei niedrigerem Marktwert.

Je weniger Gewinn der EE-Strom am Strommarkt erzielt, desto höher ist die Deckungslücke zum Festpreis. Der EEG-Umlagebetrag muss also entsprechend steigen.

Dies ist als EEG-Paradoxon bekannt:
Ein niedriger Marktwert von Strom aus Erneuerbaren führt zu einer hohen EEG-Umlage

Das paradoxe daran ist, dass die Einspeisevergütung für Neuanlagen Jahr für Jahr sinkt. Neuere Anlagen erhalten weniger Subventionen als alte Anlagen. Weil alte Anlagen aus der Förderung fallen, sollte der EEG-Umlagebetrag eigentlich sinken.

Trotzdem steigen die Kosten der Energiewende jedes Jahr. Zwar sind neue Anlagen günstiger, aber bestehende Anlagen werden durch weiteren Zubau teurer.

Das liegt daran, dass Wind- und Solarstrom mit höherem Systemanteil immer weniger wert ist. An sonnigen oder windigen Tagen zerstören sich die Solar- und Windanlagen ihre eigenen Erträge durch Überproduktion.

Immer häufiger gibt es an Tagen mit günstigem Wetter sogar negative Strompreise. Ein negativer Strompreis ist eine Entsorgungsgebühr für den nicht benötigten Strom aus Erneuerbaren.

In einem funktionierenden Markt gäbe es keine anhaltend negativen Strompreise. Leider wird in Deutschland durch Subventionen und Abnahmegarantie das Marktgleichgewicht von Angebot und Nachfrage zerstört.

Dieses Problem gäbe es nicht, wenn Wind und Solar ohne Subventionen kostendeckend wären. Selbst in der aktuellen Energiekrise ist der Marktwert von Solarstrom und Windstrom 21 nicht hoch genug um die Vollkosten von Erneuerbaren zu decken.

Seit Juli 2022 wird die EEG-Umlage aus Steuermitteln bezahlt. Das EEG-Paradoxon besteht aber weiterhin. Wir zahlen

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Quellen

  1. EEG: Daten und Fakten BMWK (2021)
  2. Verbraucherpreisindex für Deutschland Statistisches Bundesamt (2022)
  3. 34% der Differenzkosten entfallen auf private Verbraucher laut Ermittlung der EEG-Umlage 2022 nach
    § 3 EEV Netztransparenz (2021)
  4. Kieler Beiträge zur Wirtschaftspolitik Kiel Institut für Weltwirtschaft (2022) abzüglich 6,5 Mrd. Euro EEG-Entlastung in 2021
  5. Monitoringberichte Bundesnetzagentur (2022)
  6. Monitoringberichte Bundesnetzagentur (2022)
  7. The Full Costs of Electricity Provision OECD-NEA (2018) – Differenzkosten zu Kernkraft bei 10% Anteil mal erbrachter Energiemenge ohne “connection”
  8. Stand des 7. Energieforschungsprogramms Bundesnetzagentur (2018)
  9. The Private and External Costs of Germany’s Nuclear Phase-Out Jarvis et al (2019)
  10. Offshore-Netzumlage Netztransparenz (2022)
  11. Kosten der Energiewende INSM (2016)
  12. Offshore-Netzumlage Netztransparenz (2022)
  13. 10. „EKF-Bericht“
    Bundesfinanzministerium (2021) abzüglich Zuschuß zur EEG-Umlage
  14. 170 Milliarden Euro für Energieversorgung und Klimaschutz Bundesregierung (2022)
  15. § 19 StromNEV-Umlage Netztransparenz (2022)
  16. Bericht nach § 99 BHO Bundesrechnungshof (2018) – Hochrechnung der jährlichen Steuerentlastungen analog zu §19 StromNEV
  17. The Private and External Costs of Germany’s Nuclear
    Phase-Out Jarvis et al (2019)
  18. Öffentliche Investitionsbedarfe zur Erreichung der Klimaneutralität in Deutschland KfW (2022)
  19. Treibhausgasemissionen stiegen 2021 um 4,5 Prozent Umweltbundesamt (2022)
  20. ETS Future Ember (2022)
  21. Marktwertübersicht Netztransparenz (2021)

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