Energieverbrauch Deutschland 2022: Energiemix & Strommix

Wie viel Energie verbraucht Deutschland? Wie verteilten sich Energiemix und Strommix im Jahr 2022?

Deutschlands Energieverbrauch war 2022 und 2021 fast so niedrig wie im ersten Corona-Jahr 2020. Wir verbrauchten rund 5% weniger Primärenergie als vor Corona.

Laut der Arbeitsgruppe Energiebilanzen hat sich die Wirtschaft noch nicht von der Pandemie erholt und Lieferengpässe im vierten Quartal drückten den Energieverbrauch.1

Trotz niedrigem Energieverbrauch dominieren die fossilen Energieträger Erdöl, Kohle und Erdgas mit fast drei Vierteln Anteil bei den Primärenergieträgern.

Auch der Stromverbrauch ist 2020 bis 2022 um einige Prozentpunkte gesunken, verglichen mit den Jahren vor Corona.

Im deutschen Strommix ist Kohle nach wie vor der wichtigste Energieträger. Erneuerbare haben die 2021 wetterbedingt verlorenen Prozentpunkte wieder gutgemacht.

Nächstes Jahr ist keine Besserung in Sicht. Wegen dem Atomausstieg wird der Anteil von Kohle im deutschen Strommix noch steigen.

Auch den weltweiten Energieverbrauch dominieren fossile Brennstoffe mit rund drei Vierteln Anteil. Global kommt noch ein Wachstum des Energieverbrauchs hinzu.

Primärenergie: Energieverbrauch Deutschland 2022


Deutschland verbrauchte im Jahr 2022 knapp 3.600 Terawattstunden Primärenergie nach Substitutionsprinzip.2 Das ist überraschenderweise kaum mehr als im ersten Corona-Jahr 2020.

Erdöl war 2022 mit 35% Anteil der deutsche Primärenergieträger Nummer Eins. Öl wird hauptsächlich im Transportsektor in Form von Benzin und Diesel genutzt, aber auch als Heizöl im Wärmesektor.

Ebenfalls hoch war 2022 der Erdgasverbrauch mit knapp 22% Anteil an der Primärenergie. Erdgas wird in Deutschland überwiegend zum Heizen genutzt, aber auch zur Stromerzeugung in Gaskraftwerken.

Drittgrößter Primärenergieträger war die Kohle mit gut 18%. Braunkohle und Steinkohle werden fast ausschließlich in Kraftwerken verbrannt. Dabei wird Strom erzeugt und auch Fernwärme.

Nach den drei klimaschädlichen Fossilen kommt abgeschlagen die Windkraft als erster klimafreundlicher Energieträger mit fast 9% Anteil. Wind wird ausschließlich zur Stromerzeugung genutzt.

Fast gleichauf ist die Verbrennung klimaschädlicher Biomasse mit knapp 8%. Etwa zur Hälfte wird Holz zum Heizen verbrannt. Der Rest der verbrannten Biomasse sind Energiepflanzen, insbesondere in Form von Biogas.

Es folgen die klimafreundlichen Erzeuger Solar mit gut 4%, Kernkraft mit gut 2% und Wasserkraft mit gut 1%. Die übrigen 0,7% entfallen hauptsächlich auf die Müllverbrennung.

Nicht enthalten in diesen Zahlen sind der internationale Flugverkehr (258 PJ im Jahr 2019) und der internationale Schiffsverkehr (59 PJ im Jahr 2019).3

Primärenergie: Energieverbrauch Deutschland 2000 bis 2022

Im zeitlichen Verlauf seit dem Jahr 2000 lassen sich Wachstum und Schrumpfen verschiedener Primärenergieträger verfolgen.4

Seit Beginn der Energiewende zeigen sich mehrere Trends:

  • Wind und Solar sind in gut 20 Jahren von quasi 0% auf zusammen 13% der Primärenergie gewachsen.
  • Der Energieverbrauch aus Biomasse ist auf das Vierfache gewachsen, sinkt aber wieder.
  • Die Kernenergie ist von 12% auf 2% der Energieerzeugung gefallen.
  • Der Kohleverbrauch ist um ein Drittel zurückgegangen, rund die Hälfte davon seit 2017.
  • Der Erdölverbrauch ist um ein Fünftel zurückgegangen.

Seit dem Jahr 2017 zeigen sich diese beiden eventuell zusammenhängenden Trends:

  • Der Energieverbrauch ist seit 2017 etwas gesunken.
  • Der Anteil klimafreundlicher Energie (<100 gCO2) ist seit 2017 leicht gestiegen von 14% auf 17%.

Erklärungsversuche für diese Trends finden sich im Artikel zum aktuellen Stand der Energiewende.

Globale Primärenergie: Energieverbrauch weltweit 2000 bis 2022

Global gesehen, ist die Verteilung ähnlich, wie in Deutschland. 5 Erdöl ist mit 30% der wichtigste Primärenergieträger, gefolgt von Kohle mit 25% und Erdgas mit 22%.

Das verbleibende Viertel führt die Verbrennung von Biomasse an mit 7%, Wasserkraft mit 6% und Kernkraft mit 4%. Die restlichen Anteile werden gedeckt durch Windkraft mit 3%, Solar mit 2% und Sonstige mit 1%.

Es zeigen sich seit dem Jahr 2000 mehrere Trends:

  • Der Energieverbrauch ist um 31% gestiegen.
  • Das Wachstum wurde zu einem Drittel durch den Anstieg der Kohleverbrennung gedeckt, die seit 2010 aber langsamer steigt.
  • Ein weiteres Drittel wurde durch eine vermehrte Verbrennung von Erdgas gedeckt.
  • Das letzte Drittel entfällt zum Großteil auf den Anstieg der Erdölverbrennung und auf eine Steigerung von Wasserkraft, Windkraft und Solarenergie.

Wir haben seit 2000 ein Wachstum des Energieverbrauchs von 1,42% pro Jahr trotz dem temporären Einbruch durch Corona-Maßnahmen.

Der Energieverbrauch steigt damit schneller als klimafreundliche Erzeuger zugebaut werden.

Endenergie und Nutzenergie Deutschland 2021

Primärenergieträger sind nicht vollständig nutzbar. Auf dem Weg zur Nutzenergie bestimmt eine Kette von Umwandlungen mit verschiedenen Wirkungsgraden, wieviel Energie verloren geht.

Welcher Energieanteil letztendlich nutzbar ist, hängt vor allem von der Anwendung ab:

  • Wärme/Kälte: Kaum Verluste
  • Elektrizität: ~60% Verluste
  • Verkehr: ~75% Verluste

Einen Teil dieser Verluste versucht die Kennzahl Endenergie abzubilden. Sie berücksichtigt Verluste bei der Stromerzeugung und auch Umwandlungen wie die Raffinierung von Öl zu Benzin, Diesel, Heizöl und Kerosin.

Die Endenergie berücksichtigt aber nicht die zwingend folgende Umwandlung in Bewegungsenergie im Verkehrssektor. Mit einem optimistischen Wirkungsgrad von 25% schrumpft die für Transport nötige Energie – siehe Diagramm.

Wirkungsgrade sind aber nicht in Stein gemeißelt. Ein riesiger Schiffsmotor kann Diesel effizienter verbrennen als ein PKW. Ein Kleinwagen schluckt weniger als ein SUV. Außerdem steigt die Energieeffizienz mit dem technischen Fortschritt.

Das muss aber nicht so sein. Die Sektorkopplung sekt die Effizienz der Prozesswärme-Erzeugung. Hohe dreistellige und vierstellige Temperaturniveaus lassen sich leider nicht mit Wärmepumpen erreichen.

Genau deshalb ist das Mantra “Stromerzeuger ausbauen” viel zu einfach gedacht. Egal wie viele Windräder, Solaranlagen und Kernkraftwerke wir haben, das spart ohne Sektorkopplung keinen Tropfen Öl im Transportsektor.

Strommix: Stromerzeugung Deutschland 2022

Die Stromerzeugung benötigt nur etwa ein Drittel der Primärenergieträger. Ein weiteres Drittel entfällt auf den Wärmesektor und ein Fünftel auf den Verkehrssektor. Der Rest ist nicht-energetischer Verbrauch.

Der Stromsektor ist deutlich einfacher zu dekarbonisieren als die anderen Sektoren. Deshalb ist der Anteil klimafreundlicher Energie hier am größten mit rund 43%.

Trotzdem ist auch im deutschen Strommix 2022 die Kohle die wichtigste Energiequelle mit 32% Anteil. Braunkohle und Steinkohle stehen bei der Energieerzeugung im Verhältnis 2:1 zueinander.

Die Windkraft hat nur 23% Anteil. Wind an Land und Offshore Wind vor der Küste stehen im Verhältnis 4:1 zueinander. In den allermeisten anderen Ländern ist dieses Verhältnis umgekehrt.

Es folgen Gaskraftwerke mit 14% und Solar mit 11%. Das Schlusslicht bilden Biomasse mit 8%, die letzten 3 deutschen Kernkraftwerke mit 7% Anteil am Strommix sowie Wasserkraft und Sonstige mit jeweils 3%.

Strommix: Stromerzeugung Deutschland 2000 bis 2022

Im zeitlichen Verlauf der Stromerzeugung seit 2000 machen sich Atomausstieg und die dreistelligen Milliardenförderungen für Wind und Solar bemerkbar.

Trends seit Beginn der Energiewende sind:

  • Der Anteil von Atomstrom ist von einem Drittel im Jahr 2000 stark gefallen durch das Kernkraft-Verbot von 2011.
  • Der Anteil von Solar und Wind ist von quasi Null langsam auf zusammen ein Drittel gestiegen.
  • Der Kohleanteil ist um etwa den Betrag gesunken, den Erdgas, Biomasse und Sonstige zugelegt haben.

Bis 2017 blieb der Stromverbrauch konstant, seitdem sank er um ganze 10%. Dadurch ist heute weniger Kohle am Netz, während alle anderen Stromerzeuger seit 2017 fast konstant geblieben sind.

Seit 2021 ist der klimafreundliche Stromanteil von 45% auf 43% gefallen durch die Abschaltung von 3 Kernkraftwerken.

Kapazitätsfaktor: Auslastung von Wind & Solar

Je weiter der geplante Ausbau von Solar und Wind in Deutschland voranschreitet, desto mehr sind wir beim Strommix vom Wetter abhängig. Günstige Wetterbedingungen zeigen sich in der Jahresbilanz.

2022 war ein extrem durchschnittliches Jahr für die Sonnen- und Windstunden in Deutschland:

  • 35,9% Kapazitätsfaktor Wind Offshore
  • 20,2% Kapazitätsfaktor Wind an Land
  • 10,8% Kapazitätsfaktor Photovoltaik

Die Zahlen liegen fast exakt im Fünfjahresmittel. Nach einem extrem windarmen Jahr 2021 hat sich die Windstromerzeugung wieder erholt.

Über die Jahre steigen die Kapazitätsfaktoren langsam durch bessere Technologie, höhere Windräder und einem höheren Anteil von Solarparks gegenüber nicht optimal ausgerichteter Dachsolar-Anlagen.

In Zukunft ist allerdings zu erwarten, dass sich dieser Trend umkehrt. Der weitere Ausbau wird immer mehr an nicht optimalen Orten mit weniger Wind- und Sonnenstunden stattfinden.

Küstennahe Windräder mit hohem Kapazitätsfaktor werden zum Beispiel kaum noch dazukommen. Der nun geplante Windausbau in Süddeutschland wird den Kapazitätsfaktor drücken. Auch führt der Klimawandel zu weniger Windstunden.

Der Kapazitätsfaktor wird berechnet über die tatsächlich erreichten Volllaststunden geteilt durch die maximal möglichen Volllaststunden anhand der Nennleistung.6

Klimafreundlicher Strom: Prognose 2023 bis 2025

Die Kohleverbrennung im deutschen Strommix wird weiter steigen. Von 32% im Jahr 2022 erreichen wir bis zu 37% im Jahr 2023. Die letzten 3 AKW dürfen voraussichtlich nur noch bis April im Streckbetrieb laufen. Dann ist der Atomausstieg beendet und alle Kernkraftwerke wurden durch fossile Kraftwerke ersetzt.7

Der Anteil klimafreundlichen Stroms fällt dadurch von 43% im Jahr 2021 auf bis zu 38% im Jahr 2023. Wir haben im Jahr 2023 mit ~220 TWh wieder so wenig klimafreundlichen Strom im Netz, wie im Jahr 2006 mit 221 TWh.

Laut aktueller Mittelfristprognose der Netzbetreiber fallen die nächsten 4 Jahre Wind und Solar Ausbau dem Verlust der letzten 6 Kernkraftwerke zum Opfer.8 Das sind weitere 4 verlorene Jahre für den Klimaschutz.

Wenn der Stromverbrauch bis 2030 sukzessive durch Sektorkopplung auf 697 TWh im Jahr 2030 steigt, wie vom Netzentwicklungsplan9 prognostiziert, werden wir bei aktuellem Ausbau frühestens im Jahr 2027 wieder bei 45% klimafreundlichem Strom sein, wie im Jahr 2021.

Anfang 2022 hat sich die neue Bundesregierung für das Jahr 2030 einen Erneuerbaren-Anteil von 80% als Ziel gesteckt. Selbst wenn dieses Ziel erreichbar sein sollte, würde das wegen der langen Vorlaufzeiten bis 2024 überhaupt nichts ändern.

Updates:

  • 13.01.2022: Erstmals veröffentlicht.
  • 20.10.2022: Aktualisiert mit neuem BP Statistical Review
  • 25.12.2022: Aktualisiert mit neuen AGEB Zahlen
  • 03.07.2023: Kapazitätsfaktor Offshore ergänzt, neues Statistical Review vom Energy Institute, ehemals BP, verarbeitet

Quellen

  1. Energieverbrauch zieht wieder an AG Energiebilanzen (2022)
  2. Primärenergieverbrauch Energy Institute (2023)
  3. Simplified energy balances Eurostat (2022)
  4. Statistical Review Energy Institute (2023)
  5. Statistical Review Energy Institute (2023)
  6. Installierte Netto-Leistung zur Stromerzeugung in Deutschland in 2022 Energy-Charts (2022)
  7. Atomwende DIW (2021)
  8. Mittelfristprognose 2022-2026 Netztransparenz (2022)
  9. Netzentwicklungsplan Strom 2035 Netztransparenz (2021)

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