Gesamtkosten Energiewende: Was kostet Net Zero 2045?

Du findest die Energiewende unfassbar teuer? Die bisherigen Mehrkosten machen erst <20% der Gesamtkosten aus.

Wind und Sonne schicken keine Rechnung. Aber die Rechnung der Energiewende wird ziemlich saftig.

Gut 3.000 Milliarden Euro Gesamtkosten kommen mindestens für Net Zero bis 2045 auf uns zu.

Das sind die reinen Mehrkosten. Einsparungen und ohnehin nötige Investitionen sind schon abgezogen.

Das heißt wir müssen in den nächsten 20 Jahren rund 7 Mal soviel für die Energiewende ausgeben, wie in den letzten 20 Jahren.

Wie stehen diese Kosten im Verhältnis zum Nutzen? Ist die Energiewende sinnvoll oder “world’s dumbest energy policy”?

Mehrkosten: Was kostet die Energiewende bis 2045 insgesamt?

Die Mehrkosten durch die Energiewende bis 2045 ergeben sich so:

  • 1.580 Mrd. € Mehrkosten der CO2-Reduktion auf 95% bis 2050 1
  • 920 Mrd. € Mehrkosten der CO2-Reduktion auf 95% bis 2045 2
  • 823 Mrd. € Mehrkosten der CO2-Reduktion auf 100% bis 2045 3
  • 1.661 Mrd. € 50% Kostenreserve

Alle Zahlen stammen aus der Studie “Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem” von Fraunhofer ISE (2020) und ihrem Update (2021), außer der Kostenreserve.

Das sind zusammen 3.750 Milliarden Euro Mehrkosten durch die Energiewende im Vergleich zum Business-as-Usual. 3,75 Billionen Euro ist eine Zahl mit 12 Nullen.

Die bisherigen Mehrkosten der Energiewende von 2000 bis 2021 summieren sich auf etwa 500 Mrd. €.

In den nächsten 20 Jahren soll demnach die Energiewende 7 mal so teuer werden, wie in den ersten 20 Jahren.

Konservative Mehrkosten: 95%-CO2-Reduktion bis 2050

Wie hoch sind die Kosten von Fraunhofer ISE im Vergleich mit anderen Studien?

Die meisten Studien berechnen nur Szenarien mit 95%-Reduktion bis 2050. Um möglichst viele Studien berücksichtigen zu können, liste ich deshalb diese Zahlen hier auf.

Von der Gesamtkostenrechnung oben ist dies der erste Kostenpunkt:

  • 1.240 Mrd. €: 2015-2050 von Prognos/BCG 4
  • 1.585 Mrd. €: 2020-2050 von Fraunhofer ISE 5
  • 1.850 Mrd. €: 2020-2050 von Forschungszentrums Jülich 6
  • 1.947 Mrd. €: 2018-2050 von Deutsche Energie-Agentur 7
  • 3.354 Mrd. €: 2017-2050 von Leopoldina/Acatech 8

Die Fraunhofer-Zahlen liegen mit 1.580 Mrd. € unter dem Mittelwert von 1.850 Mrd. €. Nach der gleichen Berechnung wie oben ergeben sich:

  • ~4.400 Mrd. € mit dem Mittelwert (Forschungszentrums Jülich)
  • ~8.000 Mrd. € mit dem Maximalwert (Leopoldina/Acatech)

Das sind reine Mehrkosten abzüglich der sowieso nötigen Investitionen und der Einsparungen durch Effizienzsteigerungen sowie den Verzicht auf fossile Brennstoffe.

Die Gesamtinvestitionen ohne diese Abzüge belaufen sich in den Studien auf bis zu 8.000 Milliarden Euro (Leopoldina/Acatech).

80-20-Prinzip: Was kosten die letzten 5% CO2-Reduktion?

Die meisten Literaturwerte sind kostenoptimale Szenarien für eine CO2-Reduktion von 80% bis 95% bis 2050. Eine CO2-Reduktion von 100% lässt die Kosten steigen, eine Beschleunigung auf 2045 ebenso.

Fraunhofer ISE hat als einzige der 5 oben genannten Studien zusätzlich zum 95%-Szenario “Referenz” bis 2050 auch ein 100%-Szenario “Referenz100” bis 2050 modelliert.

Wer das 80-20-Prinzip kennt, erwartet dass die letzten 5% Treibhausgas-Reduktion am teuersten sind:

  • 1.580 Mrd. €: Szenario “Referenz” für 95% Reduktion bis 2050 der CO2-Emissionen seit 1990
  • 2.100 Mrd. €: Szenario “Referenz100” für 100% Reduktion bis 2050 der CO2-Emissionen seit 1990

Die Mehrkosten für “Net Zero”, also eine 100%-Treibhausgas-Neutralität, sind in den Szenarien von Fraunhofer also um ein Drittel höher. Die letzten 5% machen 25% der Gesamtkosten aus.

Dass viele Energiewende-Studien mit einer CO2-Reduktion von 95%, 90% oder noch weniger rechnen, liegt am Alter der Studien und den historisch schwächeren Klimazielen der Bundesrepublik.

Net Zero 2045 statt 2050: Was kosten 5 Jahre Beschleunigung?

Die EU will bis 2050 klimaneutral sein. Das ist eine quasi unrealisierbare Herausforderung.

Trotzdem war Deutschland das Net-Zero-Ziel bis 2050 offenbar noch nicht unmöglich genug. In 2021 wurde die Klimaneutralität auf das Jahr 2045 vorverlegt.

Fraunhofer ISE hat die Szenarien der Originalstudie von 2020 entsprechend im Jahr 2021 aktualisiert.

Was kosten der deutsche Alleingang mit 5 Jahren Beschleunigung von Net Zero?

  • 2.100 Mrd. €: Szenario “Referenz100” bis 2050 für 100% Reduktion der CO2-Emissionen von 1990
  • 2.500 Mrd. €: Szenario “Referenz” bis 2045 für 100% Reduktion der CO2-Emissionen von 1990 9

Net Zero 2045 hat laut Fraunhofer ISE die Kosten um 400 Milliarden € erhöht!

Die zusätzlichen CO2-Einsparungen dürften diesen hohen Kostenanstieg kaum rechtfertigen.

Machbarkeits-Check: Reserve für Kostensteigerungen

Die Energiewende ist das größte Infrastrukturprojekt in der Geschichte Deutschlands – deutlich aufwendiger als Aufbau Ost in den Neunzigern oder das Wirtschaftswunder in den Fünfzigern.

Leider verzichten alle Energiewende-Studien grundsätzlich auf eine Machbarkeits-Analyse ihrer kostenoptimalen Ausbauraten. Sie berechnen die Kosten so, als ob 25 Jahre lang alles glatt läuft.

Natürlich lief das Megaprojekt Energiewende bisher nicht immer reibungslos. Der Netzausbau zum Beispiel ist nach 24 Jahren bereits um 7 Jahre in Verzug.

Die Energiewende wird auch in Zukunft nicht kostenoptimal laufen. Reserven sind unvermeidbar, angesichts der zu erwartenden Kostenüberschreitungen.

Im Energiesektor lagen die Kostensteigerungen von öffentlichen Infrastruktur-Großprojekten in Deutschland bisher bei im Schnitt rund 164%. 10 Im Gebäudesektor waren es 44% und im Verkehrssektor 33%.

Energieinfrastruktur ist in Deutschland also gut 2,5x so teuer wie geplant! Das ist fast das Niveau von bekannten Mega Fails wie dem Berliner Flughafen und dem Stuttgarter Hauptbahnhof.

Eine Kostenreserve von 50% der projizierten Kosten ist also für das Megaprojekt Energiewende eine sehr optimistische untere Schranke.

Zusammensetzung: Anteile der Mehrkosten bis 2045

Tausende Milliarden Euro klingen nach einer ganzen Menge Geld und das sind sie auch. Wofür werden diese Unsummen ausgegeben?

Laut Fraunhofer ISE teilen sich die Mehrkosten der Energiewende so auf:

  • 1.100 Mrd. €: Stromerzeuger
  • 750 Mrd. €: Netze, Speicher
  • 700 Mrd. €: Importe
  • 600 Mrd. €: Wärme
  • 350 Mrd. €: Verkehr
  • 300 Mrd. €: Gebäude
  • -1.500 Mrd. €: Fossile Energie

Zusammen sind das 2.300 Mrd. € Mehrkosten. Die Quelle dafür ist eine Grafik in der Studie von 2021. Merkwürdig, dass Fraunhofer ISE in der Grafik nicht auf die im Text behaupteten 2.500 Mrd. € kommt. Vielleicht wurde die Grafik nach einer Aktualisierung der Berechnung nicht mit aktualisiert. Die Größenordnung sollte wohl passen.

Rund zwei Drittel der Mehrkosten entfallen auf den Ausbau von Stromerzeugern, Netzen, Speichern und Importen. Hier rächt sich der deutsche Alleingang ein Industrieland hauptsächlich mit Wind, Solar und Importen versorgen zu wollen. Mit einem Ausbau der Kernkraft könnten vor allem die Kosten für Netze, Speicher und Importe deutlich niedriger sein, mit etwa halb so hohen Gesamtsystemkosten. 11

Effekte auf die Wirtschaft betrachtet Fraunhofer ISE nicht. BCG/Prognos erwarten “neutrale bis leicht positive Effekte”. Das BIP in 2050 soll durch die Billionen an Investitionen nur um 0,9% steigen, egal ob im 80%-Szenario oder im 95%-Szenario. 12

Kein Wunder, die deutsche Energiewende soll ein bereits bestehendes und funktionierendes Energiesystem durch eine gleichwertige Alternative ersetzen. Daraus ergibt sich per se kein volkswirtschaftlicher Zusatznutzen.

Fraunhofer ISE schlägt außerdem vor die eingesparten Umweltkosten abzuziehen. Dafür sind die CO2-Vermeidungskosten aber eine transparantere und besser vergleichbare Metrik:

CO2-Vermeidungskosten: Ist die Energiewende teuer?

Was bedeuten denn diese Zahlen mit den 12 Nullen denn eigentlich? Ist die Energiewende teuer oder nicht?

Um das beurteilen zu können, müssen wir den Nutzen der Energiewende gegenrechnen. Der Nutzen drückt sich aus in vermiedenen Treibhausgasen, also in Tonnen CO2-Äquivalente.

Hier sind die Vermeidungskosten pro Tonne CO2 laut Fraunhofer ISE plus 50% Kostenreserve: 13

  • 225€/tCO2: 95%-Reduktion bis 2050
  • 285€/tCO2: 100%-Reduktion bis 2050
  • 339€/tCO2: 100%-Reduktion bis 2045

Zum Vergleich: der aktuelle CO2-Preis im Emissionshandel liegt bei unter 100 €/tCO2.

Das sind die durchschnittlichen CO2-Vermeidungskosten aller Klimaschutzmaßnahmen von 2020 bis 2045/2050. Die Grenzvermeidungskosten gegen Ende liegen DEUTLICH darüber.

Grenzvermeidungskosten vs durchschnittliche Vermeidungskosten

Die CO2-Vermeidungskosten verändern sich im Verlauf einer kostenoptimalen Energiewende. Während am Anfang niedrig hängenden Früchte gepflückt werden können, bleiben am Ende die sehr teuren Klimaschutzmaßnahmen übrig.

Bei den Vermeidungskosten der nächsten zusätzlichen Tonne CO2 spricht man von den Grenzvermeidungskosten. Die Vermeidungskostenkurve im Diagramm oben zeigt diese Grenzkosten. Niedrige Kosten haben zum Beispiel Effizienzsteigerungen, hohe Kosten die Elektromobilität.

Diese Vermeidungskostenkurve von Prognos/BCG beschreibt das 80%-Szenario. Im Szenario mit 95%-CO2-Reduktion steigen die Grenzvermeidungskosten am Ende auf 400 €/tCO2 bei niedrigen durchschnittlichen CO2-Vermeidungskosten von 71 €/tCO2.

Das Forschungszentrum Jülich berechnet für 2050 sogar Grenzvermeidungskosten von 744 €/tCO2 für eine 95%-Reduktion, bei durchschnittlichen Vermeidungskosten von 170 €/tCO2.

Bei einer 100%-Reduktion bis 2045 werden die Grenzvermeidungskosten vermutlich sogar vierstellig und das ist noch ohne Kostenreserve gerechnet.

Aber wie ordnet man diese CO2-Vermeidungskosten ein? 2 Ansätze sind der Vergleich mit den Kosten von Carbon Capture und mit den Kosten von Klimaschäden:

Carbon Capture vs CO2-Vermeidungskosten Energiewende

Das Abscheiden und Speichern von CO2 direkt aus der Atmosphäre kostet laut IEA aktuell zwischen 100 €/tCO2 und 300 €/tCO2 und soll in Zukunft auf unter 100 €/tCO2 fallen. 14

Der deutsche Weg des Net Zero bis 2045 wird demnach garantiert teurer als Business-as-Usual mit einem massiven Ausbau von Carbon Capture and Storage per Direct Air Capture (CCS mit DAC).

Selbst eine 95%-Reduktion bis 2050 kann von den Kosten nicht mit CCS mithalten. Der Sweetspot, der noch wirtschaftlich ist, liegt vermutlich bei einer 80%-Reduktion oder darunter.

Fraunhofer ISE sagt zu CCS übrigens Folgendes:

“Die Abscheidung und Speicherung von CO2 im Untergrund (Carbon Capture and Storage, CCS) wird in dieser Studie nicht untersucht, da hierfür in Deutschland derzeit keine gesetzliche Basis für eine Umsetzung gegeben ist.”

Wir müssen also dringend die gesetzliche Basis ändern, um immense Summen an unnötigen Mehrkosten zu vermeiden.

Es scheint ja bereits ein Umdenken zu Carbon Capture stattzufinden mit einem Entwurf eines Kohlendioxidspeicherungsgesetz.

Klimaschäden vs CO2-Vermeidungskosten Energiewende

Wie hoch sind denn eigentlich die Kosten von Klimaschäden, durch das Aufschieben teurer Klimaschutzmaßnahmen? Sind sie überhaupt höher als die Kosten der Energiewende selbst?

Die Klimakosten für die Gesellschaft (Social Cost of Carbon: SCC) sind leider äußerst umstritten. Die enorme Bandbreite geht quasi von 10€/tCO2 bis 10.000€/tCO2.

Die Höhe der SCC hängt davon ab, wie man Klimaschäden bewertet. Entscheidend ist außerdem der Abzinsfaktor, die Zahl, die über Generationengerechtigkeit entscheidet.

Übliche Werte für SCC liegen in einem zweistelligen oder niedrig dreistelligen Bereich. Selbst das stramm grüne Umweltbundesamt kommt nicht über 240-300€/tCO2, trotz eines mit 1% extrem niedrig gewählten Abzinsfaktors. 15

Schon die durchschnittlichen CO2-Vermeidungskosten der Energiewende sind mit 339 €/tCO2 teurer als die dadurch vermiedenen Klimakosten. Die Grenzvermeidungskosten liegen nochmal deutlich darüber.

Die Vermeidung von Klimakosten ist also ab einem gewissen Punkt teurer als die Klimakosten selbst. Klimaschutz ist ab dieser Stelle irrational.

Zu beachten dabei ist allerdings, dass die SCC in Zukunft langsam steigen werden. Signifikante Veränderungen misst man aber in Jahrzehnten, nicht in Jahren.

Unterhaltskosten: Mehrkosten nach Ende der Energiewende

Bisher war immer von Mehrkosten bis 2050 oder bis 2045 die Rede. Mehrkosten laufen aber auch nach Vollendung der Energiewende weiter an. Ein Energiesystem basierend auf wetterabhängigen Energiequellen wird im Unterhalt teurer als das heutige.

Die Energiewende senkt zwar das Importvolumen, aber wir können uns mit Wind und Solar nicht selbst versorgen. Und für Importe zahlen wir in Zukunft ein Vielfaches.

Fraunhofer ISE rechnet für 2050 mit dem sechsfachen Preis für Wasserstoff und dem zehnfachen Preis für Synthfuels im Vergleich zu Erdgas.

Wir werden außerdem im Jahr 2050 mehr Wind- und Solaranlagen bauen müssen als heute, nur um den Bestand zu erhalten. Ähnliches gilt für Speicher und auch bei der Netzinfrastruktur wird die Instandhaltung teuer.

Leider halten sich die Studien bei den Betriebs- und Unterhaltskosten im Zieljahr noch bedeckter als bei anderen Kosten.

Nur eine ältere Studie des Fraunhofer ISE von 2015 macht dazu Angaben:

  • 62 Mrd. € jährliche Mehrkosten im Zieljahr 2050 in einem 85%-Szenario 16

Das Szenario geht von 1.130 Mrd. Euro Mehrkosten zwischen 2014 und 2050 aus. Diese Mehrkosten würden sich also zwischen 2050 und 2068 bereits verdoppeln.

In einem 100%-Szenario sollten die jährlichen Mehrkosten nochmals deutlich höher liegen als in dem hier betrachteten 85%-Szenario.

Und auch nach 2068 besteht die Importabhängigkeit immer weiter – bis in alle Ewigkeit.

Ist das Net-Zero-Ziel bis 2045 sinnvoll?

Es gibt weit auseinandergehende Ansichten, ob das deutsche Net Zero bis 2045 realisierbar ist.

Einfacher zu beantworten ist die Frage, ob das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 überhaupt sinnvoll ist:

Anhand der Zahlen in diesem Artikel ist Net Zero 2045 eindeutig kontraproduktiv.

Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden und sollte deshalb nicht in ineffiziente Klimaschutzmaßnahmen gesteckt werden.

Eine Energiewende mit realistischen Zielen und effizienten Klimaschutzmaßnahmen würde sowohl die Kosten als auch den Schaden durch den Klimawandel senken.

Die Verschärfung der Klimaziele basiert anscheinend auf einer Kurzschlussreaktion auf einen Verfassungsgerichtsbeschluss statt auf belastbaren Zahlen.

Ausbaden muss es nicht die Regierung, die das beschlossen hat. Ausbaden müssen es wir und die vom Klimawandel am stärksten betroffenen Länder.

Fazit: Wie kann man es besser machen?

Deutschland hat einen Hang zu nationalen Alleingängen, siehe auch das oben genannte Verbot von Carbon Capture.

Klimaschutz kann aber nur global funktionieren. Ohne einen globalen Klima-Club sollten wir uns zumindest in der EU einbringen.

Das heißt nicht, dass das Net-Zero-Ziel der EU besser ist, aber nationale Ziele sind maximal sinnlos.

Auch das Klimaneutralitäts-Ziel der EU sollte hinterfragt werden. Generell sind alle Net-Zero-Ziele suboptimal.

Quasi alle Ökonomen stimmen überein, dass CO2-Preise ein besseres Handwerkszeug als Ordnungspolitik sind.

Man könnte jetzt sarkastisch werden und sagen: Keine Sorge, wir werden unsere Klimaziele sowieso verfehlen.

Mag sein, aber solche Lippenbekenntnisse sind mit hohen Kosten und vertanen Chancen verbunden.

Exkurs: Wissenschaftliche Integrität der Energiewende-Studien

Es gibt vermutlich mehr als 20 Energiewende-Studien für Net Zero in Deutschland bis 2045/2050 oder eine massive Reduktion der CO2-Emissionen bis dahin.

Die allermeisten dieser Modellierungen behaupten von sich, kostenoptimiert zu sein. Die Energiewende-Kosten müssen dazu den Autoren als Zahlenwert bekannt sein.

Trotzdem weist mehr als die Hälfte der Paper keine Kosten aus und nur die oben genannten 5 (!) weisen die ausschlaggebenden Mehrkosten zum Business-As-Usual-Szenario aus.

Besonders beschämend ist das für die “Big 5 Energiewende-Szenarien”. Nur die Studie von BCG/Prognos weist die Mehrkosten aus. Die Langfristszenarien weisen nur die Teilkosten im Stromsektor aus, aber nicht die Gesamtkosten.

Die verbleibenden 3 Studien von Agora Energiewende, Deutsche Energie-Agentur und Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung verzichten komplett auf Kostentransparenz. Die DENA hat sogar in einer älteren Studie Mehrkosten ausgewiesen (s.o.), aber nicht in der Big5-Studie.

So weit ich weiß ist auch keine Energiewende-Studie in einem wissenschaftlichen Journal veröffentlicht worden. Die Paper sind demnach nicht peer-reviewed. Es fehlt bei der wissenschaftlichen Begleitung der Energiewende der wichtigste Schritt im wissenschaftlichen Forschungsprozess.

Die im Artikel großzügig verwendete Studie von Fraunhofer ISE ist zwar vorbildlich bei der Kostentransparenz. Aber ob die Annahmen wirklich plausibel sind, ist nicht nachvollziehbar ohne ehrliche Sensitivitätsanalysen. Und selbst bei deutlich leichter nachprüfbaren Annahmen ist Fraunhofer ISE schon durch massives Schönrechnen aufgefallen.

Quellen

  1. Fraunhofer ISE Szenario “Referenz” mit ursprünglichem Endziel 2050
  2. Fraunhofer ISE Szenario “Referenz” im Update auf Endziel 2045
  3. Verhältnis Fraunhofer ISE Szenario “Referenz100” zu “Referenz” in der ursprünglichen Studie angewendet auf das Update
  4. Klimapfade für Deutschland Prognos/BCG (2018)
  5. Median aus 4 Szenarien aus Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem Fraunhofer ISE (2020)
  6. Wege für die Energiewende Forschungszentrums Jülich (2020)
  7. Median aus 2 Szenarien aus Integrierte Energiewende Deutsche Energie-Agentur (2018)
  8. Sektorkopplung – integriertes Energiesystem Leopoldina/Acatech (2017)
  9. Update Klimaneutralität 2045 Fraunhofer ISE (2021)
  10. Großprojekte in Deutschland –
    Zwischen Ambition und Realität Hertie School of Governance (2015)
  11. What is different about different net-zero carbon electricity systems? Baik et al (2021)
  12. Klimapfade für Deutschland (S.101) Prognos/BCG (2018)
  13. Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem Fraunhofer ISE (2020)
  14. Direct Air Capture 2022 IEA (2022)
  15. Gesellschaftliche Kosten von Umweltbelastungen Umweltbundesamt (2024)
  16. Was kostet die Energiewende?Fraunhofer ISE (2015)

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