Effektiver Klimaschutz: Klimaneutralität 2045 vs CO2-Preis

Klimaneutral bis 2045 klingt super, oder? Leider wird dadurch effizienter Klimaschutz verhindert.

Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein, die EU bis 2050.

Schade, denn Klimaneutralitätsziele sind kein effektiver Klimaschutz.

Klar müssen wir klimaneutral werden, aber der Zeitpunkt ist dem Klima egal.

Wir müssen CO2-Emissionen minimieren, nicht willkürliche Jahresziele einhalten.

Wegen dem künstlichen Zeitdruck verhindert “klimaneutral 2045” sogar wirksamen Klimaschutz.

CO2-Budget: Dem Klima ist es egal, wann wir klimaneutral werden

Klimaneutral bis 2050, 2060 oder 2070? Dem Klima ist das völlig egal.

Aus Perspektive des Klimaschutzes ist es unwichtig, bis WANN wir die Klimaneutralität erreichen.

Wichtig ist allein, WIEVIEL CO2 wir bis zur Klimaneutralität ausstoßen. (und wieviel wir danach wieder einfangen)

Unser verbleibendes CO2-Budget lässt sich am sinnvollsten nutzen, wenn wir die Jahresemissionen möglichst bald, möglichst schnell senken.

Wir müssen daher vom Anfang denken und möglichst bald möglichst effiziente Klimaschutzmaßnahmen umsetzen.

Es ist kontraproduktiv vom Ende zu denken, mit einer willkürlichen Verpflichtung irgendwann einmal klimaneutral zu werden.

Das führt dazu, dass nicht die effizientesten Maßnahmen zuerst angegangen werden.

Rechenbeispiel: Effiziente Klimaschutzmaßnahmen heute vs später

Stell dir vor, wir haben eine Klimaschutzmaßnahme A, die doppelt so viel CO2 einspart bei gleichen Kosten wie Klimaschutzmaßnahme B.

Quizfrage: Macht es einen Unterschied für den Klimaschutz, ob wir Maßnahme A vor Maßnahme B umsetzen?

Mit “Ja und ob” liegst du goldrichtig. Wir vermeiden deutlich mehr CO2, wenn wir die effizientere Maßnahme zuerst umsetzen.

Niedrigere Jahresemissionen zahlen über die Jahre auf unser “CO2-Konto” ein. Deshalb ist eine zeitnahe Senkung immer besser als eine verzögerte Senkung.

Wenn wir 10 Jahre warten um die effizientere Klimaschutzaßnahme A umzusetzen, stoßen wir über diese 10 Jahre unnötig zusätzliches CO2 aus – bei insgesamt gleichem Aufwand.

Im Rechenbeispiel im Graph oben sind das ganze 16% Mehremissionen. Annahme ist, dass wir 9x Klimaschutzmaßnahme B umsetzen und mit der effizienteren Klimaschutzmaßnahme A bis zum Schluß warten.

Und es gibt Klimaschutzmaßnahmen, die sind nicht nur doppelt, sondern 10 oder gar 100 Mal so effizient, wie andere.

Die Reihenfolge von Klimaschutzmaßnahmen ist entscheidend für effizienten Klimaschutz!

Lebensdauer: Das Problem mit der Klimaneutralität

Man könnte meinen, dass auch mit einem Klimaneutralitätsziel die effizienteste Maßnahme zuerst umgesetzt wird.

Das wäre tendenziell auch so, wenn die Zeiträume in Deutschland und der EU nicht so extrem knapp gewählt wären. Wir wollen bereits in den nächsten 20 bis 25 Jahren auf Nullemissionen!

Eine neue Heizung hat aber eine Lebensdauer von 30 Jahren oder länger. Wenn wir 2045 kein Gas mehr verbrennen dürfen, darf eine Gasheizung natürlich nicht bis an ihr Lebensende genutzt werden.

Das heißt wir müssen heute schon Heizungen und Autos auf Strombasis vorschreiben, obwohl Wärmepumpen eine ineffiziente Klimaschutzmaßnahme sind und E-Autos geradezu klimaschädlich.

Für das Klima wäre es besser mit den Wärmepumpen und E-Autos zu warten und erst die effizienten Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Klimaneutralität bis 2060 kann deutlich besser für das Klima sein als Klimaneutralität bis 2045.

CO2-Preis: mehr Klimaschutz durch Effizienz

Wie lässt sich mehr Effizienz beim Klimaschutz in der Praxis umsetzen? Ganz einfach: mit einem CO2-Preis!

Sobald der Ausstoß von CO2 Geld kostet, werden zuerst die günstigsten Hebel genutzt, um CO2 zu vermeiden.

Wenn der CO2-Preis in Zukunft immer weiter steigt und diese Steigerung im Vorfeld klar kommuniziert wird, lassen sich Klimaschutzmaßnahmen zum idealen Zeitpunkt planen.

Die Grafik oben zeigt eine mögliche Senkung der Jahresemissionen bei einem linear steigenden CO2-Preis. Demzugrunde liegen reale CO2-Vermeidungskosten in Deutschland.1

Man sieht, dass Vermeidungskostenkurven einer Pareto-Verteilung folgen. Das Erreichen der letzten 20 Prozent erfordert 80 Prozent des Aufwands. Genau deshalb macht der deutsche Plan einer linearen Senkung keinen Sinn.

Obwohl im Beispiel die Klimaneutralität erst nach 2060 erreicht wird, ist dieser Pfad genauso klimafreundlich wie der in Deutschland geplante mit Klimaneutralität 2045 – mit deutlich niedrigeren Kosten!

Vorteile eines CO2-Preises: Effizienz & mehr

Es ist kein Geheimnis, dass ein CO2-Preis die effizienteste Klimaschutzmaßnahme ist. Die wirtschaftlichen Zusammenhänge sind klar und es gibt unter Ökonomen einen überwältigenden Konsens pro CO2-Preis.

Ein CO2-Preis führt in erster Linie zu enormen Kosteneinsparungen für eine Volksgemeinschaft. Weitere Vorteile sind:

  1. Kein Klein Klein
  2. Technologieoffenheit
  3. Anreize statt Verbote
  4. Hohe Kostentransparenz
  5. Weniger Stranded Assets
  6. Mehr Handlungsspielräume

Um die Vorteile eines CO2-Preises zu sehen, muss man nur die aktuelle Klimapolitik in Deutschland verfolgen: Über jede Kleinigkeit wird gestritten, hilfreiche Technologien werden willkürlich ausgeschlossen. Die Verbotspolitik hat eine miserable soziale Akzeptanz und verschleiert die wahren Kosten der Transformation. Die Nachhaltigkeit leidet durch eine Vielzahl von Stranded Assets aufgrund der unnötigen Einschränkung unserer Handlungsoptionen.

Direct Air Capture: Der CO2-Preis hat ein Maximum

Einer der unterschätzten Vorteile des CO2-Preises ist, dass die Kosten von Klimaschutz nach oben begrenzt ist. Klimaschutzmaßnahmen mit Vermeidungskosten von über 300 Euro pro Tonne CO2 müssen nicht umgesetzt werden.

300 €/tCO2 sind nämlich die aktuellen Kosten der direkten CO2-Abscheidung aus der Atmosphäre (Direct Air Capture – DAC).2 Wenn man CO2-Abscheidung aus Abgasströmen berücksichtigt, liegt dieser Preis sogar niedriger.

Eine Klimaschutzmaßnahme mit höheren Vermeidungskosten macht keinen Sinn. Man sollte besser die CO2-Emissionen verursachen und sie dann aus der Luft zurückzuholen, wenn das billiger ist als die Vermeidung.

Das Problem ist, dass es ohne entsprechenden CO2-Preis keinen Markt für DAC gibt. Und in Deutschland ist DAC auch noch verboten – kein Witz. Wir setzen lieber zahlreiche Klimaschutzmaßnahmen mit Vermeidungskosten über 300€ pro Tonne CO2 um, obwohl das viel zu teuer ist.

Und die Kosten von DAC können mit weiterem Ausrollen der Technologie noch sinken. In Zukunft sollen es laut IEA unter 100 Euro pro Tonne CO2 werden. Das ist bereits im Bereich der aktuellen CO2-Preise im EU-Emissionshandel.

Welcher CO2-Preis? CO2-Steuer vs CO2-Handel

Wenn über einen CO2-Preis gesprochen wird, sind damit viele unterschiedliche Konzepte gemeint, die nicht immer vergleichbar sind.

In Deutschland sind aktuell zwei unterschiedliche CO2-Bepreisungen in Kraft:

  1. EU-Emissionshandel ETS: Energie & Industrie (€5,3 Mrd in 2022)3
  2. CO2-Bepreisung nach BEHG: Wärme & Verkehr (€6,4 Mrd. in 2022)

Der Emissionshandel in der EU beschränkt die maximalen Emissionsmengen in der Energiewirtschaft und energieintensiven Industrie. Der Preis bildet sich nach Marktprinzip durch Angebot und Nachfrage.

Die deutsche Bepreisung nach Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) auf Erdgas, Heizöl, Diesel und Benzin legt die CO2-Preise konkret fest. Angebot und Nachfrage werden über die Kostenerhöhung gedrosselt.

Im ersten Fall werden die CO2-Emissionsmengen langsam gesenkt, im zweiten Fall wird der CO2-Preis langsam erhöht. Hohe Kostentransparenz und Planungssicherheit gibt es nur beim festgesetzten CO2-Preis. Eine genaue Steuerung der CO2-Emissionen gibt es nur beim CO2-Handel.

Die Erlöse beider CO2-BEpreisungen wandern aktuell in den Klima- und Transformationsfonds (EKF). Mit dem EKF werden Energiewende-Subventionen, wie die EEG-Differenzbeträge bezahlt. Hauptsächlich speist sich der EKF aber aus Steuergeldern.

Die Erlöse müssen aber nicht in Subventionen fließen. Eine Pro-Kopf-Ausschüttung der Erlöse würde soziale Härtefälle entschärfen. Die höhere soziale Akzeptanz eines CO2-Preises gegenüber Verboten würde noch weiter steigen.

Zukunft von CO2-Bepreisung & Sektorzielen in Deutschland

2027 sollen die beiden CO2-Bepreisungen vereint werden im EU-Emissionshandel 2. Die komplette Emissionsmenge aus Energiewirtschaft, Verkehr und Wärme unterliegt dann einem gemeinsamen Limit mit entsprechend hohem CO2-Preis. Das ist eine tolle Nachricht für den Klimaschutz.

Überhaupt nicht dazu passt das Aussetzen der planmäßigen Erhöhung des CO2-Preises im Wärme- und Verkehrssektor für 2023. Da scheint die eine Hand nicht zu wissen, was die andere tut.

Gleichzeitig sollen die Sektorziele abgeschafft werden, weil die Vorgaben nicht praxistauglich sind. Das ist zumindest ein kleiner Schritt in Richtung effizienterem Klimaschutz.

Wenn Klimaneutralitätsziele Handschellen sind, dann sind Sektorziele Zwangsjacken. Die verschiedenen Sektoren Energie, Verkehr, Gebäude, Industrie und Landwirtschaft lassen sich unterschiedlich einfach dekarbonisieren.

Wer trotz unterschiedlicher Kosten alle Sektoren gleichbehandelt, verteuert und erschwert die Energiewende zusätzlich, indem ineffiziente und teure Klimaschutzmaßnahmen zuerst angegangen werden.

Fazit: CO2-Preis vs Klimaneutralität

Schade, dass ineffiziente Klimapolitik wie die Sektorziele erst in der Praxis scheitern müssen, bis die Politik über Änderungen nachdenkt.

Dabei ist jetzt schon absehbar, dass Deutschland seine Klimaziele für 2030 verfehlen wird. Erst dann dürfen Änderungen diskutiert werden.

Bis dahin werden aber Entscheidungen gefällt um unzweckmäßige Symbolpolitik zu erreichen, mit massiven Kosten und Pfadabhängigkeiten.

Ohne Paradigmenwechsel wird sich am Bild von Deutschlands Energiewende als dümmster Energiepolitik der Welt nicht ändern.

Deutschland soll Vorbild beim Klimaschutz werden. Aber niemand macht uns Klimaschutz nach, der viel kostet und wenig bringt.

Quellen

  1. Klimapfade für Deutschland BDI (2018)
  2. Direct Air Capture 2022 IEA (2022)
  3. Rekordeinnahmen im Emissionshandel: Über 13 Milliarden Euro für den Klimaschutz Umweltbundesamt (2023)

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