Es heißt Deutschland sei ein Vorreiter beim Klimaschutz. Tatsächlich sind wir im Mittelfeld mit einem enttäuschend niedrigen Anteil von klimafreundlichen Erneuerbaren am Energiemix.
Inhalt
Island gewinnt 82% seiner Primärenergie aus den klimafreundlichen Energiequellen Wasserkraft und Geothermie. Das ist Weltrekord.
Ebenfalls gut im Rennen liegen mit gut 60% Norwegen und Schweden dank klimafreundlicher Wasserkraft und Kernkraft.
Deutschland ist mit nur 18% klimafreundlicher Energie weit abgeschlagen. 35 andere Länder machen mehr für den Klimaschutz, darunter halb Europa.
Wegen dem Atomausstieg werden wir in den nächsten beiden Jahren sogar noch 5 Prozentpunkte verlieren. Dann werden wir ein Schlusslicht in Europa sein.
Das Geheimnis von Ländern wie Island, Schweden und Norwegen ist die Sektorkopplung. Nicht nur Strom, sondern auch Wärme und Verkehr müssen klimafreundlich sein.
Island hat seine komplette Wärmeversorgung auf der Geothermie aufgebaut. Schweden macht viel mit Fernwärme und Norwegen ist Vorreiter bei der Elektromobilität.
An welchen Ländern können wir uns ein Beispiel nehmen? Welche Energiequellen sind erfolgreich bei der Dekarbonisierung? Lies weiter für die klimafreundlichsten Länder.
Weltweite Klimaschutz Statistik 2021: Anteil erneuerbarer Energien & Kernkraft am Energiemix
Für den Klimaschutz ist es wichtig die Energiewirtschaft zu dekarbonisieren. Im Energiesektor werden fast 90% der globalen CO2-Emissionen verursacht.
Klimaschädliche Energiequellen wie Kohle, Öl, Erdgas und Biomasse müssen durch die klimafreundlichen Erzeuger Wasser, Kernkraft, Wind, Solar und Geothermie ersetzt werden.
Dies sind die 36 Länder weltweit mit dem höchsten Anteil klimafreundlicher Erneuerbarer und Kernkraft am Energiemix:
- 82% Island
- 64% Norwegen
- 64% Tajikistan
- 61% Schweden
- 48% Albanien
- 46% Kirgistan
- 45% Frankreich
- 42% Paraguay
- 36% Schweiz
- 35% Costa Rica
- 34% Finnland
- 33% Neuseeland
- 32% Bhutan
- 32% Kanada
- 32% Georgien
- 30% Slowenien
- 29% Ecuador
- 29% Panama
- 28% Armenien
- 28% Brasilien
- 28% Slowakei
- 27% Österreich
- 26% Bulgarien
- 25% Venezuela
- 24% Kolumbien
- 24% Ukraine
- 24% Montenegro
- 24% Spanien
- 23% Rumänien
- 23% Zambia
- 20% Suriname
- 19% Türkei
- 19% Uruguay
- 18% Dänemark
- 18% Belgien
- 18% Deutschland
Berechnet wird der Anteil von Energieträgern an der Primärenergie nach Substitutionsprinzip. Direkt stromerzeugende Erneuerbare wie Wind, Solar und Wasser werden vergleichbar mit thermischen Kraftwerken, weil ihnen ein Abwärmebonus zugerechnet wird.
Die aktuellen Zahlen für 2019 basieren auf dem Statistical Review von BP1. Von BP nicht erfasste Länder2 sind ergänzt durch Zahlen der IEA3, unter Umrechnung direkter elektrischer Erzeugung auf das Substitutionsprinzip mit dem Faktor 40,4%.4
Zusätzlich zu den Zahlen im BP Review wurde die direkte Nutzung von Geothermie5, Solarthermie6 und die traditionelle Biomasse7 berücksichtigt. (Letztere nur bei der gesamten Primärenergie, siehe Diskussion um Biomasse später im Text)
Europa Klimaschutz Statistik 2021: Anteil erneuerbarer Energien & Kernkraft am Energiemix
Von den Ländern in den Top 10 sind die Hälfte europäisch. Der Anteil klimafreundlicher Energie in Europa liegt mit rund 20% vergleichsweise hoch. Aber es gibt eine große Streuung von 81,5% in Island bis 0,4% in Belarus.
Dies sind die Länder in Europa mit dem höchsten Anteil klimafreundlicher Erneuerbarer und Kernkraft am Energiemix:
- 82% Island
- 64% Norwegen
- 61% Schweden
- 45% Frankreich
- 36% Schweiz
- 34% Finnland
- 32% Georgien
- 30% Slowenien
- 28% Armenien
- 28% Slowakei
- 27% Österreich
- 26% Bulgarien
- 24% Ukraine
- 24% Spanien
- 23% Rumänien
- 18% Dänemark
- 18% Belgien
- 18% Deutschland
- 17% Tschechien
- 17% Kroatien
- 16% Portugal
- 16% Ungarn
- 15% England
- 14% Irland
- 13% Italien
- 13% Griechenland
- 12% Russland
- 10% Nordmazedonien
- 9% Lettland
- 7% Litauen
- 5% Zyprus
- 5% Niederlande
- 4% Polen
- 3% Luxemburg
- 2% Estland
- 0% Belarus
Berechnet wird der Anteil von Energieträgern an der Primärenergie nach Substitutionsprinzip für eine direkte Vergleichbarkeit von Wind, Solar und Wasser mit thermischen Kraftwerken.
Achtung, dies ist natürlich nur ein sehr beschränkter Blick auf die Klimaschutzbemühungen. Norwegen zum Beispiel hat sehr gute Zahlen für den eigenen Verbrauch, aber ist einer der größten Exporteure von fossilen Brennstoffen.
Erfolgreiche Energiequellen für die Dekarbonisierung: Wasserkraft & Kernkraft
An der Klimaschutz Statistik sieht man deutlich, welche beiden klimafreundlichen Energiequellen am meisten zur Dekarbonisierung beitragen. Wasserkraft und Kernkraft machen zusammen rund drei Viertel der klimafreundlichen Energie aus.
Mit Ausnahme von Islands Geothermie setzen die bei der Dekarbonisierung erfolgreichsten Länder auf Wasserkraft oder einen Mix aus Wasserkraft und Kernkraft.
Während Wasserkraft und Geothermie von Standortfaktoren abhängig sind, können Kernkraftwerke in jedem Land gebaut werden. Frankreich, Finnland, Slowakei, Bulgarien, Ukraine und Belgien setzen hauptsächlich auf die Kernkraft.
Hier sind die Anteile von klimafreundlichen Energieträgern am weltweiten Primärenergieverbrauch:
- 6,01% Wasser
- 3,98% Kernkraft
- 2,03% Wind
- 1,25% Solar
- 0,18% Geothermie
Ihr geringer Anteil heißt aber nicht, dass man auf Wind, Solar und Geothermie verzichten kann. Wir brauchen für eine erfolgreiche Dekarbonisierung der Welt einen guten Mix aus allen klimafreundlichen Energiequellen.
Fossile Energiequellen und Biomasse dominieren mit gut 86 Prozent Anteil den Energiemix. Es wird selbst mit allen klimafreundlichen Technologien zusammen schwer das zu ändern.
Klimaschutz Statistik 2021: Industrieländer mit hohem Energieverbrauch
Natürlich ist es nicht fair Deutschland mit bevölkerungsarmen Ländern ohne nennenswerte Industrie zu vergleichen. Island, Slowenien oder Dänemark spielen vom Energieverbrauch in einer ganz anderen Liga.
Noch weniger sinnvoll ist ein Vergleich mit Entwicklungsländern, die mit guten Standortfaktoren für Wasserkraft gesegnet sind, zum Beispiel Tajikistan, Kirgistan oder Paraguay.
Halbwegs vergleichbar bei Energieverbrauch, Bevölkerung und Industrie sind diese Länder:
- 45% Frankreich: 10 EJ Primärenergie – 67 Millionen Einwohner
- 32% Kanada: 15 EJ Primärenergie – 38 Millionen Einwohner
- 18% Deutschland: 15 EJ Primärenergie – 83 Millionen Einwohner
- 15% England: 8 EJ Primärenergie – 67 Millionen Einwohner
- 12% Russland: 30 EJ Primärenergie – 144 Millionen Einwohner
- 12% Südkorea: 12 EJ Primärenergie – 52 Millionen Einwohner
- 11% Japan: 19 EJ Primärenergie – 126 Millionen Einwohner
Deutschland wird beim Klimaschutz von Frankreich und Kanada deklassiert. Kanada verdankt diesen Erfolg vor allem dem Standortfaktor Wasserkraft sowie etwas Kernkraft. Leider lässt sich in Deutschland die Wasserkraft kaum noch ausbauen.
Frankreich hingegen hat kaum Wasserkraft, aber massiv die klimafreundliche Kernkraft ausgebaut. Dank dem Messmer-Plan in den Siebzigern wurden in nur 20 Jahren der Stromsektor und ein Teil des Wärmesektors dekarbonisiert.
Frankreichs Messmer-Plan könnte auch für Deutschland ein Vorbild für effektiven Klimaschutz sein. Stattdessen schalten wir unsere letzten 6 Kernkraftwerke bald ab und verlieren noch 5 Prozentpunkte klimafreundliche Energie.
Selbst Japan fährt aktuell die nach Fukushima jahrelang überholten Kernkraftwerke wieder hoch. Sobald die wieder am Netz sind, wird Japan wieder bei rund 20% klimafreundlicher Energie liegen, während Deutschland bis 2023 auf 13% abgerutscht sein wird.
So wird das nix mit der Zukunft der Energiewende…
Sind Biomasse, Biogas, Biokraftstoffe & biogene Abfälle klimafreundlich?
In manchen Energiewende Rankings wird die Biomasse als klimafreundliche Energiequelle berücksichtigt. Es gibt aber große Zweifel daran ob Biomasse nachhaltig ist.
Bei Biomasse muss man unterscheiden zwischen 3 Varianten mit stark unterschiedlichem Anteil am Energiemix:
- 6,39% traditionelle feste Biomasse wie Bäume
- 0,79% schnell wachsende Energiepflanzen wie Raps
- 0,05% biogener Anteil des Abfalls
Dass Bäume verbrennen nicht klimafreundlich ist, weiß jedes Kind. Die Verbrennung von Holz stößt mehr CO2 aus als die von Braunkohle. Es dauert 50 bis 100 Jahre, bis der Baum nachgewachsen ist und es entfällt der Waldboden als CO2-Speicher.
In Entwicklungsländern spielt die traditionelle Biomasse eine große Rolle. Hier wird sie als Brennstoff zum Kochen und Heizen genutzt. In den meisten Ländern Afrikas dominiert die feste Biomasse den Energiemix aufgrund von Energiearmut.
Aber auch Biogas und Biokraftstoffe aus schnell wachsenden Energiepflanzen sind nicht besonders klimafreundlich. Hier zählt man die direkten CO2-Emissionen nicht, weil eine Pflanze wie Raps schnell nachwächst.
Aber selbst die indirekten CO2-Emissionen für Landwirtschaft, Transport und Verwertung liegen bei Biogas zur Stromerzeugung schon bei 230 gCO2 pro kWh. Biogas ist also 10x klimaschädlicher als die Wasserkraft und 20x klimaschädlicher als die Kernkraft.
Den biogenen Anteil des Abfalls zu verbrennen macht Sinn. Das CO2 würde durch Verrottung sowieso entstehen. Selbst beim Mülltrennweltmeister Deutschland macht die energetische Verwertung von Bioabfall aber nur 0,06% des Energiemixes aus. Das Potential ist gering.
Als Fazit kann man den überwiegenden Teil der Biomasse leider nicht zu den klimafreundlichen Energiequellen zählen. Es gibt deutlich sauberere Alternativen wie Wasserkraft, Kernkraft, Solar, Wind und Geothermie.
Vollständiger weltweiter Energiewende Index 2021
Hier nochmal als Chart die komplette Statistik aller Länder über 10% klimafreundlicher Energie im nationalen Energiemix, sowie als Energiewende Index Tabelle alle 99 betrachteten Länder.
Berücksichtigt sind alle klimafreundlichen erneuerbaren Energien und Kernkraft als Anteil am Primärenergieverbrauch im Jahr 2019.
- 82% Island
- 64% Norwegen
- 64% Tajikistan
- 61% Schweden
- 48% Albanien
- 46% Kirgistan
- 45% Frankreich
- 42% Paraguay
- 36% Schweiz
- 35% Costa Rica
- 34% Finnland
- 33% Neuseeland
- 32% Bhutan
- 32% Kanada
- 32% Georgien
- 30% Slowenien
- 29% Ecuador
- 29% Panama
- 28% Armenien
- 28% Brasilien
- 28% Slowakei
- 27% Österreich
- 26% Bulgarien
- 25% Venezuela
- 24% Kolumbien
- 24% Ukraine
- 24% Montenegro
- 24% Spanien
- 23% Rumänien
- 23% Zambia
- 20% Suriname
- 19% Türkei
- 19% Uruguay
- 18% Dänemark
- 18% Belgien
- 18% Deutschland
- 17% Tschechien
- 17% Kroatien
- 16% Portugal
- 16% Ungarn
- 15% El Salvador
- 15% Chile
- 15% England
- 15% Mosambik
- 14% China
- 14% Irland
- 14% USA
- 14% Vietnam
- 14% Sri Lanka
- 13% Argentinien
- 13% Italien
- 13% Pakistan
- 13% Griechenland
- 12% Russland
- 12% Südkorea
- 11% Peru
- 11% Japan
- 10% Nordmazedonien
- 10% Namibia
- 9% Philippinen
- 9% Lettland
- 9% Lesotho
- 8% Mexiko
- 8% Taiwan
- 8% Ghana
- 7% Nicaragua
- 7% Australien
- 7% Marokko
- 7% Litauen
- 7% Indien
- 6% Malaysia
- 5% Zyprus
- 5% Niederlande
- 5% Südafrika
- 4% Ägypten
- 4% Kenia
- 4% Israel
- 4% Polen
- 3% Indonesien
- 3% Usbekistan
- 3% Kasachstan
- 3% Iran
- 3% Luxemburg
- 3% Madagaskar
- 2% Estland
- 2% Aserbaidschan
- 2% Thailand
- 1% Irak
- 1% VAE
- 1% Bangladesch
- 0% Belarus
- 0% Algerien
- 0% Saudi-Arabien
- 0% Kuwait
- 0% Singapur
- 0% Turkmenistan
- 0% Trinidad & Tobago
- 0% Katar
- 0% Oman
Deutschland liegt aktuell auf Platz 36 in diesem weltweiten Energiewende Index. Nach dem Atomausstieg werden wir etwa auf Platz 50 landen, hinter China und USA.
Noch ist es nicht zu spät die 6 klimafreundlichen Kernkraftwerke zu retten: #SaveGER6
Quellen
- Statistical Review of World Energy BP(2020)
- Albanien, Armenien, Bhutan, Costa Rica, El Salvador, Georgien, Ghana, Kenia, Kirgistan, Lesotho, Madagascar, Montenegro, Mozambique, Namibia, Nicaragua, Panama, Paraguay, Suriname, Tajikistan, Uruguay, Sambia
- Countries and regions IEA(2020)
- Methodology Primary Energy BP (2020)
- Direct Utilization of Geothermal Energy 2020 Worldwide Review Lund & Toth (2020)
- Solar Heat Worldwide Weiss & Spörk-Dür (2019)
- Primary Energy with and without Solid Biofuels OECD (2019)