Erneuerbare vs Kernkraft? Warum wir alle klimafreundlichen Energien brauchen

Coexist: Solar & Kernkraft & Wasser & Wind zusammen gegen Fossile
Die Diskussion um die Energiewende polarisiert und treibt seltsame Blüten: Selbsterklärte Klimaschützer hetzen plötzlich gegen klimafreundliche Windräder oder gegen klimafreundliche Kernkraftwerke.

Es ist schön, wenn Menschen für ihre Lieblings-Energiequelle werben. Aber das Schlechtreden von anderen klimafreundlichen Energiequellen hat mit Klimaschutz nix zu tun.

Besonders gegeneinander ausgespielt werden Solar und Wind gegen Kernkraft. Dabei stehen wetterabhängige Umgebungsenergien gar nicht im Wettbewerb mit immer verfügbarem Atomstrom.

Ganz im Gegenteil: Wind, Solar, Wasser und Kernkraft ergänzen sich und wirken zusammen kostensenkend. Die Energiewende gelingt am schnellsten mit einem breiten Technologie-Mix.

Unter Fachexperten wie beim Weltklimarat gibt es deshalb einen Konsens, dass wir alle klimafreundlichen Energiequellen ausbauen müssen.

Klimaschutz: Solar & Wind & Wasser & Kernkraft gegen fossile Energien

Solaranlagen, Windräder, Wasserkraftwerke und Kernkraftwerke sind keine Wettbewerber.

Alle vier klimafreundlichen Erzeuger konkurrieren mit fossilen Kraftwerken auf 2 Arten:

  • Solar und Wind laufen unregelmäßig, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht.
    Wetterabhängige Erzeuger können fossile Kraftwerke nicht ersetzen. Sie können aber deren Volllaststunden senken. So lässt sich Kohle und Erdgas sparen und der CO2-Ausstoß senken.
  • Kernkraft und Wasserkraft machen einen Dauerlauf und liefern Monate ohne Unterbrechung, 24 Stunden am Tag.
    Versorgungssichere Dauerlauf-Kraftwerke können fossile Kraftwerke komplett ersetzen. Ein einziges Kernkraftwerk macht gleich mehrere Kohlekraftwerke oder Gaskraftwerke überflüssig.

Beide Methoden können fossile Brennstoffe sparen und so Treibhausemissionen senken.

Dauerlaufkraftwerke und wetterabhängige Erzeugung in der Praxis

Die beiden unterschiedlichen Methoden fossile Verbrennung zu vermeiden erkennst du gut im Diagramm mit den Stromerzeugungsdaten der letzten Woche:

  • Kernkraft, Wasserkraft und Biogas laufen unten als Bandenergie durch.
  • Wind und Solar sparen fossilen Brennstoff immer dann, wenn das Wetter passt.

Dabei kommen sich die klimafreundlichen Erzeuger nicht in die Quere. Es wird kein “Netz verstopft” oder so ein unwissenschaftlicher Quatsch.

Im Sommer mit Photovoltaik funktioniert das noch besser als im Winter mit Wind. Solar korreliert nämlich sehr gut mit der Spitzenlast um die Mittagszeit.

Erneuerbare & Kernkraft: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

Die beiden Methoden fossile Kraftwerke zu verdrängen ergänzen sich:

  • Dauerlauf-Kraftwerke wie Kernkraft und Wasserkraft können perfekt bis zur Mittellast abdecken, aber sind zu teuer für die Spitzenlast.
  • Wetterabhängige Erzeuger wie Solar und Wind sind bei niedrigem Systemanteil günstig, aber die Systemkosten steigen überproportional mit dem Zubau.

Laut einer Studie vom MIT sind die Stromerzeugungskosten in einem nördlichen Land wie Deutschland mehr als doppelt so hoch, wenn wir auf Dauerlauf-Kraftwerke verzichten. 1

Wasserkraft ist in Deutschland leider unbedeutend und kaum noch ausbaufähig. Biogas ist ebenfalls am Ausbaulimit und außerdem klimaschädlich.

Wenn man in Deutschland klimafreundliche Dauerlauf-Kraftwerke bauen will, sind das Kernkraftwerke.

Gemeinsam gegen die Übermacht der fossilen Energieträger

Fazit Erneuerbare vs Kernkraft: Zusammen gegen die Fossilen!

Man kann 2 Punkte nicht oft genug wiederholen:

1. Wind, Wasser, Solar und Kernkraft ergänzen sich gegenseitig.

2. Wir brauchen gegen die fossilen Energien alle klimafreundlichen Erzeuger.

Wir dürfen uns als Klimaaktivisten nicht aufspalten lassen nur aufgrund persönlicher Vorlieben. Das ist so kontraproduktiv, wie die judäische Volksfront gegen die Volksfront von Judäa.

Sowohl-Als-Auch, nicht Entweder-Oder!

Im Rest des Artikels gehe ich auf die schon genannte MIT-Studie im Detail ein. In The Role of Firm Low-Carbon Electricity Resources in Deep Decarbonization of Power Generation wird die kostensenkende Wirkung durch Koexistenz aller klimafreundlichen Energiequellen untersucht.

Wenn du lieber hörst, auch im MIT Podcast wird die Studie besprochen. (Englisch)

Minimales Stromsystem: Gaskraftwerke & Wind & Solar

Am einfachsten lässt sich ein Stromsystem mit offenen Gasturbinen betreiben. Die haben von allen Kraftwerken die beste Lastfolgefähigkeit. Sie können also super auf Änderungen der Stromnachfrage im Tagesverlauf und Jahresverlauf reagieren.

Leider sind offene Gasturbinen wegen ihrem hohen Gasverbrauch sehr teuer. Wenn man fossiles Erdgas nutzt sind sie außerdem sehr klimaschädlich. Mit ihrem schlechten Wirkungsgrad stoßen sie so viel CO2 aus wie effiziente Kohlekraftwerke.

Fast doppelt so hoch ist der Wirkungsgrad von Gas-und-Dampf-Kraftwerken (GuD). Wegen deren Trägheit ergänzt man GuD mit offenen Gasturbinen, um die Lastfolgefähigkeit zu erhalten. Diese Kombination senkt die Kosten und CO2-Emissionen.

Wind und Solar können den Brennstoff-Verbrauch von Gaskraftwerken weiter senken. Immer dann wenn die Sonne scheint oder der Wind weht, können Wind und Solar einen Teil der Leistung von Gaskraftwerken übernehmen.

Aber die Sonne scheint eben nur tagsüber und der Wind weht nur vorübergehend. Deshalb können Wind und Solar kein einziges Gaskraftwerk ersetzen. Sie können aber dafür sorgen, dass insgesamt weniger Gas verbrannt wird.

Es gibt also 3 Kategorien von Stromerzeugern:

  1. Fast-Burst: Peaker-Kraftwerke, im Beispiel offene Gasturbinen
  2. Firm: Dauerlauf-Kraftwerke, im Beispiel GuD-Kraftwerke
  3. Fuel-Saver: Brennstoff-Sparer, im Beispiel Wind und Solar

Man kann in einem minimalen Stromsystem auf Kategorie 2 und 3 verzichten. Kosteneffizient ist aber nur ein Mix aus allen 3 Kategorien.

Klimafreundliches Stromsystem: Kernkraft & Wind & Solar & Synthfuel

Es ist völlig egal, wie viel Solar und Wind man zubaut: Treibhausgasneutralität erreicht man niemals mit Erdgas im Strommix.

Um klimaschädliche Gaskraftwerke klimafreundlich zu machen, gibt es mehrere Möglichkeiten:

  1. Carbon Capture and Storage: CO2-Abscheidung aus dem Abgasstrom des Gaskraftwerks und Entsorgung unter der Erde
  2. Power to Gas: Erzeugung von Synthesegas mit Hilfe von klimaneutralem Strom und CO2 aus der Luft per Direct Air Capture
  3. Klimafreundliche Kraftwerke: Kraftwerke ohne CO2-Emissionen anstelle von Gaskraftwerken

Möglichkeit Nummer 3 ist am einfachsten und günstigsten. Kernkraftwerke können GuD-Kraftwerke eins zu eins ersetzen. Aktuelle Kernkraftwerke sind klimaneutral und perfekte Dauerlauf-Kraftwerke.

Aktuelle Kernkraftwerke sind aber nicht schnell genug um Peaker-Kraftwerke zu ersetzen. Auch Batteriespeicher und Smart Grids können den Bedarf für Peaker nur leicht senken. Es führt kein Weg vorbei an der sehr teuren und verschwenderischen Substitution von Erdgas mit Power-to-Gas.

Carbon Capture and Storage kann helfen. Aber damit allein kann man keine Treibhausgasneutralität erreichen. Es wird immer nur ein Teil der CO2-Emissionen verhindert. Das ist also nur eine Übergangslösung oder zusätzliche Maßnahme.

Extrakosten: doppelt so teuer ohne Kernkraft

Wie gesagt, ein minimales Netz braucht nur Gaskraftwerke. Das würde aber für enorme Kosten und CO”-Emissionen sorgen.

Es ist auch möglich ein Netz nur mit Kernkraftwerken zu betreiben oder nur mit einer Kombination aus Erneuerbaren und Gaskraftwerken.

Auch hier steigen die Kosten:

  • ~210% Kosten beim Weglassen von Kernkraftwerken 2
  • ~150% Kosten bei einem Netz nur mit Kernkraftwerken 3

Kein Wunder also, dass Fachexperten wie beim Weltklimarat zu einem gesunden Technologiemix raten.

Nur in Deutschland wollen wir in Zukunft ohne Not auf Kernkraftwerke verzichten. Dadurch wird die Stromwende mehr als doppelt so teuer. Und im Wärmesektor könnte die Kernkraft die kosten noch um einiges mehr senken als im Stromsektor.

Noch ist es nicht zu spät unsere 6 Kernkraftwerke zu retten, die aktuell 25% des sauberen Stroms liefern: #SaveGER6

COEXIST: Sonnenenergie & Kernkraft & Wasserkraft & Windkraft

Das COEXIST-Logo mit allen sauberen Energiequellen ist inspiriert von dem berühmten COEXIST-Logo der Weltreligionen.

Genauso wie die Weltreligionen, können auch Sonnenenergie, Kernkraft, Wasserkraft und Windkraft friedlich nebeneinander existieren.

Wenn dir das COEXIST-Logo gefällt, hier kannst du es bei Spreadshirt als T-Shirt, Button oder Aufkleber drucken.

Hier ist außerdem die SVG-Datei, mach damit, was du magst. Das Logo stammt von mir.

*Symbole für Windrad & Atom & Wasserfall von Flaticon

Quellen

  1. The Role of Firm Low-Carbon Electricity Resources in Deep Decarbonization of Power Generation Sepulveda et al (2018)
  2. Differenz zwischen “firm allowed” und “firm not allowed” mit Durchschnittspreisen für 0 CO2-Emissionen und in einem nördlichen Land – The Role of Firm Low-Carbon Electricity Resources in Deep Decarbonization of Power Generation Sepulveda et al (2018)
  3. Differenz zwischen 400GW (Mittellast) und 700GW für das Beispiel USA – How much would a 100% nuclear energy system cost? van Dorp (2018)

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