Ab 2035 sollen Verbrenner-Autos in der EU verboten sein. Macht das Sinn? Und sind E-Fuels oder Wasserstoffautos eine Alternative zum E-Auto?
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Das Verbrenner-Verbot in der EU soll kommen. Ab 2035 sind Neuwagen mit Verbrennungsmotor untersagt.
Begründet wird das Verbot mit Klimaschutz. E-Autos werden bereits heute als klimaneutral bezeichnet.
Es wird aber noch 2 Jahrzehnte dauern, bis E-Autos klimafreundlicher sind.
Macht das Verbrenner-Verbot wirklich Sinn? Und wenn ja, ist 2035 dafür zu früh oder zu spät?
Wie steht es mit Alternativen zum Elektroauto, also synthetische Kraftstoffe für Verbrenner?
Will die FDP mit ihrer Technologieoffenheit nur trollen, oder sind E-Fuels wirklich die Zukunft?
CO2-Emissionen: Wie klimafreundlich sind E-Autos, E-Fuels & Wasserstoffautos?
So lange noch signifikant fossile Kraftwerke zum Laden oder zur Erzeugung von Wasserstoff eingesetzt werden, sind stinknormale Dieselautos am klimafreundlichsten. Die Klimasünder sind aktuell E-Autos, wegen dem dreckigen deutschen Ladestrom.
Damit E-Autos in Deutschland so klimafreundlich wie Diesel werden, müssen wir erst aus der Kohle ausstiegen, geplant in den 2030ern.
- 43 tCO2 CO2-Emissionen Wasserstoffauto
- 31 tCO2 CO2-Emissionen Elektroauto
- 29 tCO2 CO2-Emissionen Verbrenner mit E-Diesel
Lebenszyklus-Werte mit Vorketten bei 150.000 km Fahrleistung
Elektrisch basierte Antriebe sind erst dann klimafreundlich, wenn Energieträger mit niedrigen CO2-Emissionen zum Laden verwendet werden. In Deutschland ist das erst ab 2045 geplant.
Klimabilanz 2045:
- 17 tCO2 CO2-Emissionen Wasserstoffauto
- 13 tCO2 CO2-Emissionen Elektroauto
- 9 tCO2 CO2-Emissionen Verbrenner mit E-Diesel
Lebenszyklus-Werte mit Vorketten bei 150.000 km Fahrleistung
Wenn wir wie geplant im Jahr 2045 100% saubere Energie nutzen, ist es für den Klimaschutz egal ob Wasserstoffauto, Elektroauto oder E-Fuels. Keine der 3 Antriebsformen ist dann signifikant klimafreundlicher.
Wann Verbrenner-Verbot: Ist 2035 ein guter Zeitpunkt?
Für den Klimaschutz macht es perspektivisch Sinn auf elektrisch basierte Antriebe zu setzen, egal ob Elektroauto, Wasserstoffauto oder Verbrenner mit E-Fuel. Ob das unbedingt durch ein Verbot erreicht werden muss, ist eine andere Frage.
Wenn man Verbrenner unbedingt verbieten will, stellt sich gleich die nächste Frage, nämlich ab wann das Verbot sinnvoll ist. Die EU soll schließlich bis 2050 klimaneutral werden. Bis dahin darf also kein Diesel mehr auf der Straße sein.
In der EU sollen ab 2035 keine Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden. Bereits zugelassene Fahrzeuge können aber weiterfahren und auch Gebrauchtwagen kann man weiter kaufen.
Das Durchschnittsalter von PKW liegt in Deutschland bei rund 10 Jahren.4 Wenn das so bleibt, würden also 2045 noch rund die Hälfte der bis 2034 zugelassenen PKW auf den Straßen sein.
Noch dazu geht es ja nicht nur um Deutschland, sondern um eine EU-weite Vorgabe. In Ländern wie Schweden (viel Wasserkraft) oder Frankreich (viel Kernkraft), sind E-Autos deutlich klimafreundlicher als in Deutschland.
Das spricht alles für eine Terminierung von klassischen Verbrennern auf ein Jahr zwischen 2030 und 2035. Es gibt aber keinen Unterschied zwischen Dieselmotoren und E-Dieselmotoren. Dank E-Fuels ließe sich das Verbot also verschieben.
Wenn man unbedingt ein Verbrenner-Verbot machen will, dann scheint 2035 zumindest nicht der schlechteste Zeitpunkt zu sein. Besser wäre es aber das ineffiziente Klimaneutralitätsziel zu hinterfragen und durch einen CO2-Preis zu ersetzen.
Wirkungsgrad: Wie effizient sind E-Autos, E-Fuels & Wasserstoffautos?
Elektroautos gelten als der Königsweg, obwohl Wasserstoffautos und Verbrenner mit E-Fuels ähnlich niedrige CO2-Emissionen verursachen. Warum ist das so?
Das Problem bei E-Fuels und Wasserstoff ist die benötigte Energiemenge. Die Herstellung von synthetischen Kraftstoffen ist verlustreich und erfordert deutlich mehr Energie als bei der direkten Nutzung des Stroms:5
- 77%: Gesamtwirkungsgrad Elektroauto
- 33%: Gesamtwirkungsgrad Wasserstoffauto
- 20%: Gesamtwirkungsgrad E-Diesel-Auto
Im Vergleich zum E-Auto frisst der Betrieb mit E-Diesel fast 4 Mal so viel Energie und mit Wasserstoff fast 2,5 Mal so viel Energie.
E-Fuels wären also allein von den Energiekosten mindestens 4 Mal so teuer wie Strom für das E-Auto, wenn sie in Deutschland hergestellt werden.
Das Problem synthetischer Kraftstoffe sind also nicht etwa die sehr niedrigen CO2-Emissionen, sondern die potentiellen Kosten bei deutscher Erzeugung.
E-Fuels made in Germany? Sicher nicht!
Es geht aber so gut wie niemand davon aus, dass Deutschland signifikante Mengen E-Fuels herstellen wird. E-Fuels made in Germany wären wegen der viel zu hohen Energiekosten hierzulande ein Ladenhüter.
Wir haben in Deutschland sehr schlechte Standortfaktoren für Wind und Solar. Dazu kommen hohe Kosten bei der Stromerzeugung durch Geothermie und wir steigen auch noch aus der günstigen Kernenergie aus.
Die deutschen Strompreise gehören schon zu den höchsten der Welt und sie werden auf Dauer höher bleiben als in anderen Ländern. Die Kosten von synthetischen Kraftsoffen werden aber von den Stromkosten dominiert.
Das heißt: E-Fuels made in Germany werden unsubventioniert niemals wettbewerbsfähig sein. Wir werden den Löwenanteil unseres E-Fuel-Bedarfs importieren, weil andere Länder billiger anbieten.
Hinzu kommt, dass das Ausbaupotential von Wind- und Solaranlagen gar nicht ausreicht, um genug Energie für Deutschland zu erzeugen. Ohne Kernkraft machen wir uns in Zukunft von großen Mengen an Energie-Importen abhängig.
Importe: Wo lohnt es sich synthetische Kraftstoffe herzustellen?
Wenn wir E-Fuels und Wasserstoff aber sowieso importieren, dann relativieren sich die Wirkungsgrade zu einem großen Teil durch die weit besseren Standortfaktoren in anderen Ländern.
Welche Weltregionen können zukünftig unsere Energielieferanten sein?
- In der MENA-Region und anderen Wüsten ist PV-Strom mehr als 2x günstiger.
- In Grönland oder Patagonien ist Wind-Strom mehr als 2x günstiger.
- In China, Korea oder Russland ist Atomstrom deutlich günstiger als in Europa.
Auch durch die bessere Auslastung von Elektrolyseuren und Synthetiseuren sinken die Kosten. Selbst die zusätzlichen Transportkosten machen keinen großen Unterschied.
Wir werden in jedem Fall eine Infrastruktur für den Import und die Verwendung von Synthfuels aufbauen. Die Sektorkopplung mit Prozesswärme und der Dekarbonisierung von Luftfahrt, Schiffahrt und LKWs geht gar nicht ohne synthetische Kraftstoffe.
Wasserstoff-Leiter: Welche Anwendungen für E-Fuels?
Die große Frage ist, ob der Preis attraktiv genug sein wird, um auch gegen direkt elektrifizierbare Anwendungen wettbewerbsfähig zu sein. Oder werden E-Fuels wegen ihren hohen Kosten nur da verwendet, wo wir keine andere Wahl haben?
Eine Antwort darauf versucht Michael Liebreichs Clean Hydrogen Ladder zu geben. Wasserstoffautos sind dort in der unwirtschaftlichsten Kategorie G. E-Fuel-Verbrenner sind vermutlich implizit mitgemeint.
Selbst optimistische Experten erwarten keine ausreichenden Mengen von E-Fuels und Wasserstoff in den Vierziger Jahren. Konkret in Zahlen sollen im Jahr 2045 laut Fraunhofer ISE kosten6:
- 051 €/MWh: Öl/Treibstoff
- 127 €/MWh: H2-Import
- 271 €/MWh: Fuel-Import
Die Kosten für E-Fuels sollen also im Jahr 2045 noch 5x so teuer sein wie für Diesel. Wenn an der Tankstelle Preise von 8 Euro pro Liter E-Diesel abgerufen werden, erledigt sich das Thema E-Fuel-Auto von ganz allein.
Was sind die Vorteile von E-Fuels und Wasserstoff
Die Preise von importierten E-Fuels sind allein aufgrund der Energiekosten mindestens 1,5x so hoch wie die direkte Nutzung von Elektrizität. E-Fuels haben aber auch einige Vorteile.
Der riesige Vorteil von E-Diesel und E-Benzin ist die Weiterverwendung der bestehenden Fahrzeugflotte und Infrastruktur. Wir fahren die gleichen Autos zu den gleichen Tankstellen. Das ist nachhaltig.
Für Elektroautos und Wasserstoffautos müssen wir erst eine neue Infrastruktur aufbauen. Der Netzausbau für Ladesäulen ist sehr teuer und auch die Speicherung und der Transport von Wasserstoff sind sehr teuer.
Eine komplette Umstellung der Fahrzeugflotten bedingt auch einen Großumbau der Autoindustrie. Das ist ein enormer wirtschaftlicher Nachteil für Deutschland. Das Verbrenner-Verbot könnte krasse soziale Folgen haben.
Mit Energie-Importen wäre es möglich schon lange vor 2045 klimaneutral zu fahren. Auch eine langsame Erhöhung der Beimischung von E-Fuels ist denkbar. Das gilt aber nur dann, wenn die E-Fuel-Importe aus einem bereits dekarbonisierten Land kommen.
E-Fuels und Wasserstoff würden die Energieabhängigkeit durch zusätzliche Importe erhöhen. Aber auch bei der Fertigung von Batterien und insbesondere bei der Gewinnung der dafür nötigen Rohstoffe sind wir stark von Ländern wie China abhängig.
Fazit: Ist das Verbrenner-Verbot sinnvoll?
Es ist sinnvoll, Diesel und Benzin auf lange Sicht durch Elektroautos, Wasserstoffautos oder E-Fuel-Verbrenner zu ersetzen. Ein Verbot ab 2035 ist ein möglicher Weg das zu erreichen.
Es ist aber Unsinn, Verbrenner-Autos grundsätzlich zu verbieten. Wenn sie mit E-Fuels betrieben werden, sind sie so klimafreundlich wie Elektroautos. Der Vorstoß der FDP zur Technologieoffenheit ist also gerechtfertigt.
E-Fuels werden vermutlich trotzdem keine Rolle bei PKWs spielen, wenn die prognostizierten hohen Kosten wahr werden. Aber das wird der Markt von ganz allein entscheiden. Dem Klima ist es egal ob E-Fuels oder E-Auto.
Ich bin skeptisch, ob wir überhaupt eine globale Wasserstoffwirtschaft in nur 20 Jahren aufbauen. Viele Schlüsseltechnologien sind noch lange nicht marktreif. Selbst die essentiellen Groß-Elektrolyseure sind nur Pilotprojekte.
Als Tech for Future bin ich natürlich für Technologieoffenheit und gegen Scheuklappen. Wir haben in Deutschland schon zig negative Erfahrungen mit staatlichen Technologie-Verboten gemacht, von Gentechnik bis Kernkraft.
Wasserstoff und E-Fuels zu verbieten, weil sie in Zukunft zu viel kosten könnten, ist eine völlig absurde Idee und leider typisch für die Verlogenheit der deutschen Energiewende-Debatte.
Quellen
- Cradle-to-Grave-Lebenszyklusanalyse im Mobilitätssektor Bothe & Steinfort (2020)
- Local Emission factors Electricitymap (2022)
- Marginalstrom: 900g CO2/kWh vor Kohleausstieg (2025), 600 gCO2/kWh nach Kohleausstieg (2035)
- Bestand nach Fahrzeugalter Kraftfahrtbundesamt (2022)
- Electrofuels? Yes, we can … if we’re efficient Transport & Environment (2020)
- Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem Fraunhofer ISE (2020)