Preisentwicklung Photovoltaik 2022: Warum werden Solarmodule teurer?

Solarmodule sind 2022 teurer als in den Vorjahren. Warum hat sich die Preisentwicklung der Photovoltaik umgekehrt von Verbilligung zu Verteuerung?

Für Jahrzehnte kannten die Kosten für Solarmodule nur eine Richtung: günstiger.

Von mehreren Euro pro Watt im Jahr 2000 fielen die Preise auf unter 25 Cents im Jahr 2020.

Das war allerdings das bisherige Minimum. Seitdem hat sich die Preisentwicklung umgekehrt.

Die aktuellen Kosten für Solarmodule sind wieder so hoch, wie zuletzt im Jahr 2017.

Welche Gründe führen zur Verteurung von Photovoltaik?

Sind in Zukunft noch signifikante Kostensenkungen möglich?

Preisentwicklung 2022: Was an Solarmodulen wird teurer?

Was ist für die Preisänderungen verantwortlich? Die obige Grafik zeigt eine Aufteilung der Kosten in Einzelkomponenten laut Rystad Energy:12

  • Auf lange Sicht ist hauptsächlich die Produktion von Solarmodulen günstiger geworden. Seit 2013 konnten die Herstellungskosten um 88% reduziert werden!
  • Kaum geändert haben sich Kosten für Glas, Glasbeschichtung und Metalle. Diese Rohstoffkosten bilden eine Art untere Schranke für Preisreduktionen.
  • Die Transportkosten haben sich zwar seit 2020 aufgrund von Covidmaßnahmen und Ölpreisen verdreifacht, aber machen trotzdem nur rund ein Zehntel der Gesamtkosten aus.
  • Kostentreiber der letzten Jahre ist vor allem das Polysilizium. Die Kosten dafür haben sich seit 2020 mehr als vervierfacht und machen nun knapp 40% der Gesamtkosten aus.

Die Herstellung von Polysilizium ist energieintensiv. Allerdings stammt mehr als 90% des Polysiliziums aus China, also kann die europäische Energiekrise keine Erklärung für den Preisanstieg sein.

In China kam es allerdings durch die chinesische Zero-Covid-Strategie zu Störungen der Lieferketten. Zum Beispiel war die ganze 30-Millionen-Stadt Shanghai in 2022 für 2 Monate im vollen Lockdown. Aus China stammen neben dem Großteil des Polysiliziums auch ein Großteil der fertigen Solarmodule.

Der Hauptgrund für den Preisanstieg ist laut Rystadt Energy aber die gestiegene Nachfrage nach Solarmodulen – auch in Folge der Energiekrise. Der höhere Verbrauch hat zu einer Verknappung von Polysilizium geführt. Es kann nur die Hälfte des für eine maximale Solarmodulproduktion nötigen Polysiliziums hergestellt werden.

Hohe Nachfrage: die Ausbauziele Solar der Ampel-Koalition

Wenn die gestiegene Nachfrage der Hauptgrund für hohe Preise ist, dann sollten wir nicht mit einer baldigen Entspannung rechnen. Die Nachfrage nach Solarmodulen soll in Zukunft eher noch steigen.

In der Grafik oben sieht man die Ausbauziele der Ampel-Koalition laut Klimaschutzprogramm 2022 im Osterpaket gegenüber der bisherigen Ausbaugeschwindigkeit. Der geplante Ausbau von Photovoltaik entspricht einer Verfünffachung der Nachfrage in den Jahren 2025 bis 2030 gegenüber den Jahren 2016 bis 2021.

Komponenten für PV-Anlagen sind heute schon knapp mit langen Wartezeiten für ausverkaufte Produkte. Die meisten Käufer müssen ein halbes Jahr oder länger auf Solarmodule, Wechselrichter und sogar Befestigungen warten.3

Ich wollte statt diesen Artikel eigentlich über die Vorteile von Balkonsolar schreiben. Leider scheinen quasi alle Modelle aller Anbieter ausverkauft zu sein.4 Wegen der gestiegenen Stromkosten ist eine heimische Solaranlage heute deutlich rentabler als noch vor einem Jahr.

Das Prinzip von Angebot und Nachfrage führt in einer solchen Marktsituation zu höheren Preisen, ganz unabhängig von den zugrundeliegenden Kosten.

Ressourcenknappheit durch Photovoltaik

Die steigende Nachfrage heißt auch, dass Polysilizium in Zukunft nicht der einzige knappe Rohstoff sein dürfte. Phototvoltaik verbraucht deutlich mehr knappe Ressourcen, als andere Energiequellen.

Die IEA erwartet einen Anstieg der jährlichen Nachfrage durch Photovoltaik bis 2030 im Sustainable Development Scenario auf:5

  • 173% bei Silizium
  • 230% bei Kupfer
  • 369% bei anderen Rohstoffen

Recycling und Fortschritte bei der Effizienz von Solarmodulen sind dabei bereits berücksichtigt. Ansonsten würde sich der Kupferbedarf sogar verdreifachen.

Die bis 2030 existierenden und geplanten Kupferminen werden laut IEA nur rund drei Viertel der Nachfrage decken können. Neu erschlossene Kupferminen brauchen etwa 17 Jahre bis zum Produktionsstart. 6

Wir scheinen also allein bei Kupfer Ressourcenengpässe bis mindestens 2040 zu haben. Selbst Solarglas, dessen größter Bestandteil Sand (!) ist soll knapp werden.7

Die Preise für Solarmodule werden sich durch Ressourcenknappheit vermutlich eher noch erhöhen statt erholen.

Anteil der Solarmodule an den Gesamtkosten einer PV-Anlage

Insgesamt gesehen ist die Erhöhung der Preise von Solarmodulen nicht ganz so wild. Rund drei Viertel der Kosten einer Dachanlage im Eigenheim gehen gar nicht auf das Konto der Solarpanele:8

  • 25 % Solarmodule
  • 18 % Planung / Gewinn
  • 15 % Montage
  • 13 % Wechselrichter
  • 13 % Solarkabel
  • 12 % Unterkonstruktion
  • 5 % Gerüst
  • 4 % AC-Installation

Eine Preissteigerung von rund 60% bei Solarmodulen seit 2020 sorgt also bei kompletten Dachanlagen zu nur 15% höheren Kosten.

Deutlich mehr machen die Preissteigerungen bei kommerziellen Großprojekten aus, weil hier die Kosten der Solarmodule dominieren. Preise für Power Purchase Agreements (PPAs) im Solarbereich stiegen um 20% im 1. Quartal 2022.9

Vollkosten von Photovoltaik und anderen Energiequellen im Vergleich

Preiserhöhungen sind schlechte Nachrichten für die Wirtschaftlichkeit von Solar im Rahmen der globalen Energiewende. Selbst auf dem Preisminimum von 2020 war Photovoltaik noch zu teuer, wenn man die Systemkosten berücksichtigt.

Wenn Solar nicht deutlich günstiger wird als heute, kann es sich nicht gegen fossile Energien durchsetzen. Nur wenige andere Länder können sich die hohen deutschen Subventionen für Solar leisten

In Europa hingegen sind die Subventionen wegen der extremen Brennstoffpreise aufgrund des Ukrainekriegs und der hohen CO2-Preise aktuell kaum noch nötig. Das gilt aber nicht für den Rest der Welt mit nach wie vor günstigen Brennstoffkosten.

Die Grafik der Vollkosten inklusive Systemkosten oben zeigt die europäischen Brennstoffpreise. In anderen Ländern betragen die Preise für Kohle und Erdgas allerdings nur 20% davon und außerhalb der EU gibt es keine signifikanten CO2-Preise. Fossile Energien sind global nach wie vor am billigsten.

Swanson’s Law: Historische Preisentwicklung der Photovoltaik seit 1974

Wenn sich die historische Preisentwicklung von Photovoltaik über 2020 hinaus fortgesetzt hätte, wäre Solar in ein bis zwei Jahrzehnten von sich aus teurer gewesen als fossile Energien.

Seit 1974 sind die Preise von Solarmodulen auf unter ein Prozent der ursprünglichen Kosten gefallen. Photovoltaik gilt heute als Beispiel für eine erfolgreiche Markteinführung.

Dabei hatte Deutschland einen großen Anteil. Wir haben Solar mit dreistelligen Milliardensummen subventioniert und die Nachfrage angekurbelt. Dank Lerneffekten sanken die Preise.

Die exponentielle Lernkurve blieb dabei relativ vorhersehbar. Bis 2019 gab es laut den Daten von Our World in Data jährliche Preissenkungen um durchschnittlich rund 10%!10

Unterschiede zwischen Moore’s Law und Swanson’s Law

Es wurde bereits versucht Moore’s Law für Transistoren wie Computerchips auch auf Dioden wie Solarmodule zu übertragen unter dem Namen Swansons’ Law.

Aber Swansons’ Law für Photovoltaik ist seit 2020 vorbei und hat nie wirklich gepasst. Es gibt zwischen den beiden “Gesetzen” deutliche Unterschiede.

Zunächst mal bezieht sich Moore’s Law nicht auf den Preis, sondern auf die Anzahl der Transistoren pro Prozessor. Aus volatilen Marktpreisen ein Gesetz machen zu wollen ist deutlich komplexer.

Der Hauptunterschied zu Transistoren ist, dass Solarmodule sehr rohstoffintensiv sind. Vermutlich hätte sich auch ohne Nachfrageerhöhung die Lernkurve in Zukunft verflacht.

Kosten für Glas und Metalle sowie Transportkosten bilden eine untere Preisschranke für Solarmodule. Es ist fraglich, ob signifikante Preissenkungen in Zukunft noch möglich sind.

Das gilt insbesondere weil Solarmodule die Kosten bei Solaranlagen längst nicht mehr dominieren. Kosten für Wechselrichter, Kabel, Befestigungen und Montage lassen sich nicht so einfach drücken.

Prognose der zukünftigen Vollkosten von Solar & Wind

Bei den Vollkosten haben wir vermutlich bereits das Minimum gesehen. Beim Ausbau von Solar und Wind gibt es volkswirtschaftlich gesehen einen gegenläufigen Kostentrend. Mit steigendem Zubau und steigendem Systemanteil steigen die Systemkosten und zwar ab einem bestimmten Punkt exponentiell.

Wenn ein Land Solar und Wind zu schnell ausbaut, dann können die Systemkosten schneller steigen, als die Gestehungskosten fallen. In Deutschland ist es ein politisches Ziel 65% vom Strommix im Jahr 2030 aus erneuerbaren Quellen zu decken.

Im ersten Halbjahr des Jahres 2021 waren es erst 41%. Der Systemanteil von Wind und Solar muss also um jeweils gut einen Prozentpunkt pro Jahr wachsen.

Damit steigen die Systemkosten bis ins Jahr 2030 um:

  • +80% Systemkostenanstieg Photovoltaik
  • +20% Systemkostenanstieg Windenergie

Wenn die Lernkurve mit exponentiellem Kostenverfall bei Wind und Solar fortschreitet wie bisher, stehen dem bis 2030 gegenüber:

  • -78% Gestehungskostensenkung Photovoltaik
  • -46% Gestehungskostensenkung Windenergie

Bei der Solarenergie wird der Systemkostenanstieg die Kostenvorteile vollständig auffressen. Bei der Windenergie bleiben noch ca. 26% Kostensenkung übrig.

Zu dem Ergebnis, dass die Preisreduktion durch Lernkurven bei Wind und Solar nicht ausreicht, kommt auch eine Studie aus dem Jahr 2020.11

Quellen

  1. What impact will supply chain constraints have on the growth of solar PV capacity and expenditure? Rystad Energy (2022)
  2. SolarSupplierCube Rystad Energy (2020)
  3. Kurzumfrage: Lieferengpässe bremsen Zubau bei Photovoltaik und Batteriespeichern PV Magazine (2022)
  4. Lieferzeiten bei Solaranlagen: So lange müssen Sie auf Ihre PV-Anlage warten EFahrer (2022)
  5. Mineral demand from solar PV by scenario, 2020-2040 IEA (2021)
  6. The Role of Critical Minerals in Clean Energy Transitions S.119ff IEA (2021)
  7. Solarglas ist der nächste Produktionsengpass Sonnenseite (2022)
  8. Preise Solarmodule: Kosten & Vergleich 2022 Echtsolar (2022)
  9. War in Ukraine is Latest Crisis to Spike European Renewable PPA Prices, Up Nearly 30% in One Year, According to LevelTen Energy Level Ten Energy (2022)
  10. Why did renewables become so cheap so fast? Our World in Data (2020)
  11. Learning is not enough: Diminishing marginal revenues and increasing abatement costs of wind and solar
    Williams et al (2020)

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