Plastik hat einen schlechten Ruf. Schade, denn Plastik kann einen hilfreichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
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22% aller Deutschen glauben Plastikverzicht sei eine der wichtigsten Klimaschutzmaßnahmen.
Leider hilft es dem Klima fast gar nicht Plastik zu sparen.
Plastikverzicht ist kein Klimaschutz!
Plastik leistet sogar einen Beitrag gegen den Klimawandel, zum Beispiel als Verpackung von verderblichem Essen.
Auch Plastik-Ersatz wie Glas, Papier oder Stoff ist keine Lösung. Plastikflaschen und Plastiktüten sind klimafreundlicher als Plastik-Alternativen.
Letztendlich schadet es dem Klima auch, wenn wir auf Plastik verzichten, statt auf wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu fokussieren.
Plastik und Klima: Mythos vs Realität
2019 gab es eine repräsentative Umfrage unter 1500 Deutschen. Die Befragten sollten die wirksamste von 7 Klimaschutzmaßnahmen auswählen. 1
Die meisten Befragten antworteten, dass Plastikverzicht den eigenen Fußabdruck am meisten senkt. Tatsächlich ist Plastikverzicht die wirkungsloseste der 7 Klimaschutzmaßnahmen: 2
- 1,58 tCO2e pro Flug: ein Langstreckenflug weniger
(18% der Befragten) - 1,34 tCO2e pro Jahr: Heizung & Wärmedämmung sanieren
(16% der Befragten) - 0,50 tCO2e pro Jahr: vegetarisch essen
(10% der Befragten) - 0,36 tCO2e pro Jahr: regional & saisonal essen
(15% der Befragten) - 0,17 tCO2e pro Jahr: Sparsam Autofahren
(14% der Befragten) - 0,04 tCO2e pro Jahr: Standby-Modus vermeiden
(5% der Befragten) - 0,02 tCO2e pro Jahr: Verzicht auf Plastiktüten
(22% der Befragten)
Der Mythos des klimaschädlichen Plastik führt dazu, dass die Menschen die größten CO2-Verursacher Transport, Heizung, Ernährung und Familienplanung massiv unterschätzen.
Kreislaufwirtschaft: Funktioniert Plastik-Recycling?
Ein weiterer Mythos ist die Kreislaufwirtschaft durch Plastik-Recycling.
Bei Plastikverpackungen wird weltweit nur 2% der Jahresproduktion in gleicher Qualität recycled. 3 Dabei gehen 40% des Materials im Recycling-Prozess verloren.
Weitere 8% der Plastikverpackungen werden nur ein oder zwei Mal in minderer Qualität recycled. Recycling verzögert die Entsorgung meistens nur, aber verhindert sie nicht.
Wie gelangt Plastik ins Meer?
Ein in den letzten Jahren bekannt gewordenes Umweltprobleme ist Plastik im Meer. Besonders oft wird über den großen pazifischen Müllteppich berichtet (Great Pacific Garbage Patch).
Mehr als die Hälfte des Plastiks kommt in nur 5 Ländern ins Meer: 4
- 28% des Meeresplastiks stammt aus China
- 10% des Meeresplastiks stammt aus Indonesien
- 6% des Meeresplastiks stammt aus den Philippinen/li>
- 6% des Meeresplastiks stammt aus Vietnam
- 5% des Meeresplastiks stammt aus Sri Lanka
Die 5 größten Ozean-Verschmutzer stehen stellvertretend für ganz Asien und Afrika. In 40 afrikanischen und asiatischen Ländern landen mehr als 80% des Abfalls in der Umwelt. Davon landet ein Teil in Flüssen und im Meer.
Bei uns und in 56 weiteren Industrieländern werden hingegen weniger als 1% des Abfalls unangemessen entsorgt. Eine funktionierende Abfallwirtschaft trägt fast gar nicht zum Plastik im Meer bei.
Schuld an dem Problem ist also nicht das Plastik selbst, sondern dessen Entsorgung. Gäbe es in Afrika und Asien eine Abfallwirtschaft wie bei uns, würde auch kein Plastik im Meer landen. Dazu fehlt im globalen Süden aber der Wohlstand.
Gibt es Alternativen zu Plastik im Alltag?
Meistens ist Plastik klimafreundlicher als die Alternativen zu Plastik:
- Plastiktüten sind klimafreundlicher als Stofftüten, Papiertüten und Tüten aus Bioplastik 5
- Plastikflaschen und plastikhaltige Getränkekartons sind klimafreundlicher als Glasflaschen und Dosen 6
- Plastikverpackung ist klimafreundlicher als die Alternativen 7
- Bei Trinkbechern macht es keinen Unterschied ob Papier, Plastik oder Bioplastik 8
All diese Ergebnisse kommen aus aktuellen Metastudien der Lifecycle Initiative, einem Projekt des Umweltprogramms der Vereinten Nationen. Weitere Studien folgen vermutlich.
Die Studien zeigen auch, dass das Wiederverwenden von Tüten, Flaschen, Verpackungen und Bechern die Klimaverträglichkeit deutlich erhöht. Das gilt unabhängig davon ob du Plastik oder Plastik-Ersatz benutzt.
Ich persönlich gehe nur mit meinem Weltreise-Rucksack einkaufen. Das ist praktisch und klimafreundlich.
Plastik entsorgen: Müllverbrennung oder Müllkippe?
Die schnelle Verrottung von Bioabfällen ist klimaschädlich. Plastik hingegen verrottet nicht. Das CO2 bleibt also im Plastik, statt als Treibhausgas in der Atmosphäre zu landen.
Das ist eine sehr gute Nachricht für den Klimaschutz: Plastik auf der Müllkippe ist klimafreundlich!
In Deutschland hat allerdings die Verwertung Vorrang vor der Beseitigung von Abfall. 9
Damit ist neben der stofflichen Verwertung vor allem die energetische Verwertung gemeint, also die Müllverbrennung. Deutschland erzeugt 2,2% des Stroms durch Müllverbrennung. 10
Hausmüll gilt sogar als Erneuerbare Energie und regenerativ. Wenn du mich fragst ist das Loben der “Erneuerbarkeit” von Müll purer Sarkasmus.
Was die Treibhausgase angeht, ist das Verbrennen von Müll immerhin besser als das Verbrennen von Kohle. In Schweden mit seinem weitgehend dekarbonisierten Stromsektor ist das Verbrennen von Müll allerdings klimaschädlich. 11
Die Müllverbrennung kann also eine Übergangstechnologie sein. In einer zukünftig dekarbonisierten Wirtschaft brauchen wir allerdings mehr klimafreundliche Müllkippen.
Quellen
- What reduces our personal CO2 footprint? We have no clue! Bilstein (2019)
- Quantifying the potential for climate change mitigation of consumption options Ivanova et al (2020)
- The New Plastics Economy World Economic Forum (2016)
- Plastic waste inputs from land into the ocean Jambeck et al (2015)
- Single-use plastic bags and their alternatives UNEP (2020)
- Single-use plastic bottles and their alternatives UNEP (2020)
- Single-use plastic take-away food packaging and its alternatives UNEP (2020)
- Single-use beverage cups and their alternatives UNEP (2021)
- Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen Gesetze im Internet (2021)
- Strommix AG Energiebilanzen (2020)
- Plastic waste as a fuel – CO2-neutral or not? Eriksson & Finnveden (2009)