Dunkelflaute: Wie ernst ist der Ausfall von Wind & Solar?

Die Dunkelflaute ist das Schreckgespenst der Energiewende. Zu Recht, denn ein Ausfall von Wind und Solar gefährdet die Versorgungssicherheit.

Windräder brauchen Wind und Solaranlagen Sonne. Deshalb kommt es regelmäßig zum Ausfall der wetterabhängigen Erneuerbaren.

Eine sogenannte Dunkelflaute bezeichnet das Fehlen von genügend Wind und Sonne um die Last zu decken über einen Zeitraum von Tagen, Wochen oder Monaten.

Lange Perioden mit zu wenig Windstrom und Solarstrom sind eine extreme Belastung für ein Energiesystem. Die Versorgungssicherheit ist in Gefahr.

Zur Häufigkeit und Dauer von Dunkelflauten hört man verschiedene Mythen von “nur zwei Wochen im Jahr” bis “den ganzen Winter ist Dunkelflaute”.

Die Wahrheit liegt dazwischen. Mehrwöchige Dunkelflauten treten mehrmals im Jahr auf. Im Mittel fast einmal pro Jahr dauern sie sogar einen Monat oder länger.

Entscheidend ist aber der Worst Case. Selbst wenn eine sehr intensive Dunkelflaute nur einmal pro Jahrzehnt auftritt, müssen wir sie beherrschen.

Wie ernst sind Dunkelflauten und welche Lösungen gibt es?

Winter 2022/2023: Beispiel für 2 lange Dunkelflauten

Das Diagramm oben zeigt in rot, wie viel Saisonspeicher im Winter 2045/2046 nötig sein werden, wenn er so verläuft wie der Winter 2022/2023 und bis dahin Wind und Solar zur Klimaneutralität ausgebaut werden.1:

  1. Mit der Erzeugung vom Juni und Juli 2022 würde es dank der Photovoltaik fast ohne Saisonspeicher gehen.
  2. Ende August 2022 gab es mangels Sonne eine fast zweiwöchige Dunkelflaute, mit Entleerung der Saisonspeicher um gut 6 TWhel.
  3. Direkt darauf folgten 3 rund einwöchige Dunkelflauten im September und Oktober mit jeweils 4-5 TWhel maximaler Entleerung.

Die erste lange Dunkelflaute des Winters beginnt am 18. November und dauert genau 30 Tage. Die Windflaute wird zwar immer wieder unterbrochen, aber einzelne windreiche Tage können die Saisonspeicher nicht ausreichend laden. Das Maximum der Speicher-Entleerung wird am 18 Dezember registriert mit fast 33 TWhel.2

Bis zur zweiten langen Dunkelflaute können die Saisonspeicher fast wieder voll aufgeladen werden, nur 2 TWhel Defizit verbleiben. Am 17. Januar beginnt eine 54-tägige Entladung der Saisonspeicher mit maximaler Entleerung am 12. März von 36 TWhel. Das Speicherdefizit kann erst im Mai dauerhaft unter die 30 TWhel abgebaut werden.3

Wir brauchen also im Jahr 2045 rund 36 TWh Saisonspeicher, falls alle Winter so verlaufen wie der Winter 2022/2023. Die Frage ist jetzt, ob der Winter 2022/2023 eine gute Referenz ist oder noch intensivere Dunkelflauten möglich sind.

Intensivste Dunkelflauten von 2012 bis 2023 in Deutschland

Leider gab es allein im letzten Jahrzehnt deutlich intensivere Dunkelflauten, als die im Winter 2022/2023. Die im Winter 2014/2015 hat zu einer rund doppelt so hohen Speicher-Entleerung geführt.

Auch die im Winter 2012/2013 und die im Winter 2020/2021 war intensiver als die im Winter 2022/2023. Dagegen waren die Dunkelflauten der Jahre 2016, 2018 und 2019 deutlich weniger intensiv als die im Winter 2022/2023.

Das war noch nicht einmal die intensivste Dunkelflaute innerhalb der letzten 35 Jahre. Laut Ruhnau & Qvist (2021) fand die im Winter 1996/1997 statt. Leider gibt es bei Agora keine Daten vor 2012. 4

Berücksichtigt sind hier die optimistischen Ausbauziele und flexiblen Lasten der renommierten Agora-Studie “Klimaneutrales Deutschland 2045” 5 Wie das Speicherdefizit in den Diagrammen oben genau berechnet wurde und warum es einen kleinen Mismatch zwischen beiden Diagrammen gibt, siehe Exkurs #1.

Was ist eine Dunkelflaute?

Es gibt keine einheitliche Definition einer Dunkelflaute. Oft wird ein willkürlicher Kapazitätsfaktor für Wind und Solar definiert, der in einem bestimmten Zeitraum immer oder im Mittel unterschritten werden muss.6 Manchmal wird auch die jeweils nachgefragte Last berücksichtigt.

Das Hauptproblem dieser naiven Definitionen ist die fehlende Orientierung an der Praxis. Oft führt dies zu einer irreführenden Unterteilung von langen Dunkelflauten in mehrere Teilstücke. Es genügt ein einziger guter Tag, um die Dunkelflaute vorzeitig für beendet zu erklären, selbst wenn sie nach kurzer Unterbrechung weitergeht.

Im Beispielgraph oben wäre die Dunkelflaute mit dem windstarken 26. November 2012 “vorbei”, obwohl sie nicht einmal halb überstanden ist. Die naiven Schwellenwert-Definitionen haben nichts mit der Realität von Saisonspeichern in einem von Solar und Wind dominierten Energiesystem zu tun.

Definition Dunkelflaute anhand von Saisonspeichern

Hier verwende ich die praxisnahe Definition von Ruhnau & Qvist (2021). Eine Dunkelflaute wird dort definiert durch das

maximale Energiedefizit akkumuliert über einen Zeitraum

Erst wenn das maximale Energiedefizit überwunden ist, gilt die Dunkelflaute als beendet.

Vereinfacht gesagt, gilt als Dunkelflaute der Zeitraum vom Beginn der Entleerung der Saisonspeicher bis sie maximal entleert wurden und wieder geladen werden. Es passiert häufig, dass die Speicher an einzelnen Tagen zwar etwas gefüllt werden, aber die maximale Entleerung erst danach erreicht wird.

Eine wichtige Frage bleibt, inwieweit man Speicherverluste berücksichtigt. Durch saisonale Speicherung mit Wasserstoff geht mehr als die Hälfte der eingesetzten Energie verloren. Bei Berücksichtigung von Verlusten können die Dunkelflauten noch deutlich länger dauern als hier aufgezeigt.

Statistik: Wie häufig sind lange Dunkelflauten?

Dunkelflauten sind extrem häufig. Sie treten im Mittel an mehreren Tagen pro Woche auf. Es reicht ja schon, wenn Nachts wenig Wind weht.

Mehrtägige Dunkelflauten sind seltener, aber immer noch häufig. Sie konzentrieren sich stark auf die dunklen Monate Oktober bis März. In den restlichen Monaten kann tagsüber der Solarstrom einspringen. Wenn wir eventuell irgendwann ausreichend Tagesspeicher haben sollten, wären Dunkelflauten im Sommer kein Problem mehr.

Mehrwöchige Dunkelflauten treten deutlich weniger auf. Laut den Berechnungen zur Speicher-Entleerung oben gibt es im Schnitt gut 3 Dunkelflauten mit einer Dauer von einer Woche oder länger pro Jahr. (37 seit Januar 2012)

Noch seltener sind Dunkelflauten, die einen Monat oder länger dauern. Davon gab es seit 2012 genau 12 Stück, also fast eine pro Jahr.

Energiedefizit: Nicht die Dauer der Dunkelflaute ist wichtig

Es geht aber gar nicht so sehr um die Dauer einer Dunkelflaute. Bei der Dunkelflaute mit 3,9 Monaten Dauer ab dem 17.10.2016 ist die maximale Speicher-Entleerung mit 35 TWhel kaum größer als bei der einmonatigen ab dem 18.11.2022.

Entscheidend für die maximale Entleerung ist nicht die Dauer, sondern die Summe der Residuallast abzüglich der Einspeicherungen während der Dunkelflaute.

Auch die intensivste Dunkelflaute von Ruhnau und Qvist war mit 61 Tagen deutlich kürzer als andere Dunkelflauten der letzten 35 Jahre. Aber Wind und Sonne machten sich Ende 1996 besonders rar, was für ein hohes Energiedefizit sorgte. Danach richtet sich der Speicherbedarf.

Ruhnau und Qvist kommen mit ihren eigenen Annahmen für ein 100% auf Erneuerbaren basiertem Energiesystem auf rund 27 TWhel benötigte Stromspeicher für diese 61 Tage. Inklusive Sicherheitsreserve erwarten sie einen Bedarf von 36 TWhel elektrischem Speichervolumen. Das ist weniger, aber in der gleichen Größenordnung wie bei den Daten von Agora Energiewende.

36 TWh sind sehr, sehr viele Saisonspeicher. Zum Vergleich: Wir haben in Deutschland aktuell nur 36 GWh elektrisches Speichervolumen in Form von Pumpwasserspeichern. Das sind 3 Größenordnungen Unterschied!

Batteriespeicher sind noch viel unzureichender. Aktuelle Großbatterien in Deutschland haben Kapazitäten von 0,001 GWh bis 0,020 GWh.7 Wegen der hohen Kosten und Entladeströme sind Akkus sowieso grundsätzlich ungeeignet als Saisonspeicher.

Jahrtausendwinter: Kälteanomalien & Extrem-Dunkelflauten

Es reicht aber nicht nur 35 Jahre zurückzugehen. Bei der Risikobetrachtung in der Energiewirtschaft bereitet man sich üblicherweise auf Extremereignisse vor, die nur einmal im Jahrtausend oder gar Jahrzehntausend auftreten.

Wenn man noch weiter zurückgeht, sticht in den letzten 50 Jahren als Extremereignis der Katastrophenwinter 1978 hervor. Damals fror die Kohle fest und alle Kohlekraftwerke der DDR gingen gleichzeitig vom Netz. Nur die Kernkraftwerke konnten eine Mindestversorgung aufrechterhalten.

Das gleiche passierte 2021 bei den Texas Blackouts. In Texas fielen neben Kohlekraftwerken auch Gaskraftwerke aus und Windräder froren fest. Selbst einer von vier Kernreaktoren fiel aus, obwohl Kernkraftwerke noch am besten mit Extremwetter klarkommen.

Ein deutschlandweiter Blackout hätte verheerende Folgen mit vielen Todesopfern. In Texas starben damals rund 500 Menschen. Der Schaden einer Strommangellage übertrifft den einer Pandemie und selbst den eines großen Erdbebens. Deshalb müssen wir Blackouts unbedingt vermeiden.

Wir müssten also abwägen, ob mehrjährige Klimaanomalien beherrschbar sein müssen, zum Beispiel: 8

  • Kälteanomalie 1431-1439
  • Kälteanomalie 821–824
  • Kälteanomalie 536–550

Angesichts der sowieso schon extremen Folgen einer mehrjährigen Kältewelle darf nicht auch noch die Energieversorgung ausfallen, weil sie zu sehr vom Wetter abhängig ist.

Allermindestens müssen einzelne Jahrtausendwinter wie 1708/1709 oder das Jahr ohne Sommer 1816 beherrschbar sein. Extreme Wetterereignisse fehlen in der Energiewende-Diskussion leider weitestgehend.

Lösung für die Dunkelflaute: Backup für Solar & Wind

Solar- und Windanlagen sind das, was man ein extremes Klumpenrisiko nennt. Wenn sie ausfallen, dann fallen sie alle gleichzeitig aus. Es ist Nachts und bei Flaute fast egal, wie viel Photovoltaik oder Windräder man hat.

Wir werden deshalb immer eine zweite Energie-Infrastruktur brauchen, egal wie viel Wind und Solar wir zubauen. Unser Backup muss den Ausfall von Wind und Solar kompensieren und den Verbrauch in voller Höhe decken können.

Unsere heutigen Backup-Kraftwerke sind fossil. In Zukunft sollen sie auf grünen Wasserstoff umgestellt werden, welcher zusammen mit Synthfuels größtenteils importiert wird. Wir werden beim weiterem Ausbau von Solar und Wind auch ordentlich neue Gaskraftwerke zubauen müssen.

Batterien werden von Laien oft als Lösung ins Feld geführt. Akkus werden heute aber ausschließlich für die Momentanreserve eingesetzt. Wenn wir Batteriespeicher in Zukunft massiv um mehrere Größenordnungen ausbauen, wäre vielleicht auch eine Funktion als Tagesspeicher denkbar, um Solarstrom in die Nacht zu retten. Batterien werden wegen ihrem extrem begrenzten Speichervolumen und wegen der Selbstentladung aber niemals als Saisonspeicher zum Einsatz kommen.

Die einzige Lösung bei Dunkelflaute sind konventionelle Kraftwerke. Es ist egal ob sie mit Kohle, Erdgas oder Uran betrieben werden. Perspektivisch sollen sie bei uns in Deutschland in Zukunft mit teurem und verlustreichem Wasserstoff als saisonalem Speicher laufen.

Leistungskredit: Gesicherte Leistung von Energiequellen

Die vier Netzbetreiber rechnen aufgrund der Langzeiterfahrung im deutschen Netz mit nur 1-3% gesicherter Leistung durch Windkraft und 0% gesicherter Leistung durch Photovoltaik. Auch Laufwasser ist stark wetterabhängig mit 25% Verfügbarkeit.

Konventionelle Kraftwerke können hingegen im Verbund mehr als 90% ihrer Leistung gesichert zur Verfügung stellen. Dies sind die Leistungskredite verschiedener Energiequellen im deutschen Netz:9

  • 95% Kernkraft
  • 93% Erdgas
  • 91% Kohle, Erdöl
  • 80% Pumpspeicher
  • 65% Biomasse
  • 50% Abfall
  • 25% Laufwasser
  • 3% Offshore Wind
  • 1% Wind an Land
  • 0% Photovoltaik

Ungeplante Ausfälle durch Wetter oder Störfälle reduzieren den Leistungskredit. Auch durch Fernwärmeauskopplung oder Brennstoffmangel kommt es zu Nichtverfügbarkeit. Die Netzbetreiber haben die Einsatzfähigkeit der Kraftwerke im deutschen Netz über mehrere Jahre ausgewertet.

Geplante Ausfälle senken den Leistungskredit kaum. Revisionen kann man über den Kraftwerksverbund staffeln und in den Sommer legen. Weil die Jahres-Höchstlast in den Winter fällt, zählt für den Leistungskredit auch nur der Winter. Das ist auch der Grund, weil der Leistungskredit höher sein kann als der Kapazitätsfaktor.

Der Leistungskredit berücksichtigt allerdings nur bisherige Ereignisse im deutschen Netz. Künftige Netzengpässe kommen noch nicht zum Tragen. Besonders in Süddeutschland fehlt in Zukunft gesicherte Leistung durch den Atomausstieg.10

Ebenfalls nicht berücksichtigt ist eine etwaige Notversorgungslage beim Erdgas. Wenn Russland uns das Gas abdreht, ist es egal wieviele einsatzbereite Gaskraftwerke wir haben. Auch die oben erwähnten Extremwinter mit dem Ausfall von Kohle- und Gaskraftwerken sind nicht einbezogen.

Selbst eine Pandemie kann sich unvorhergesehen auf die gesicherte Leistung auswirken. Frankreich legt die Revisionen seiner AKW eigentlich in den Sommer mit geringer Spitzenlast. Weil Covid-19 in den Jahren 2020 und 2021 die Inspektionen bis in den Winter verzögerte, fehlte jeweils gesicherte Leistung.

Importe: Irgendwo in Europa weht immer Wind?

In einer Dunkelflaute können wir uns auf Importe nicht verlassen. Wenn bei uns kein Wind weht und keine Sonne scheint, dann auch nicht in unseren Nachbarländern. Auch die Nachfragespitzen sind synchron. Je mehr unsere Nachbarn auf Wind und Solar setzen, desto mehr brauchen sie ihre regelbaren Kraftwerke selbst.

Es hilft auch nicht, dass “irgendwo in Europa immer Wind weht”. Strom zu transportieren ist auch nicht günstiger als Strom zu speichern. Schon Windstrom aus Norddeutschland nach Süddeutschland zu schaffen ist eine Herausforderung. Wir werden niemals Windstrom aus Portugal oder vom schwarzen Meer importieren.

Möglich und sinnvoll ist hingegen der Import von grünem Wasserstoff und Synthfuels aus sonnen- oder windreichen Ländern. Weil in Deutschland im internationalen Vergleich wenig Wind weht und sehr wenig Sonne scheint, kann sich das trotz der hohen Verluste energetisch lohnen.

Importe von Wasserstoff und Synthfuels werden sich außerdem gar nicht vermeiden lassen. Wir können national nicht genug Windstrom und Solarstrom erzeugen, um uns selbst zu versorgen.

Kernkraft: totgeschwiegene Lösung der Dunkelflaute

Die einzige Möglichkeit endgültig von der Importabhängigkeit loszukommen, wäre die Kernkraft. Dank der hohen Energiedichte von Uran ist es leicht genug Brennstoff für Jahre oder Jahrzehnte einzulagern. Wir haben sogar noch deutsche Uranreserven.

Kernkraftwerke sind auch am verlässlichsten in extremen Kaltphasen, wie der Katastrophenwinter 1978/1979 und die Blackouts von Texas 2021 gezeigt haben.

Wenn wir ausreichend Kernkraftwerke hätten, um etwas mehr als die Mittellast zu bedienen, bräuchten wir auch keine Saisonspeicher oder Backup-Kraftwerke für Wind und Solar. Tagesspeicher würden reichen, weil es keine mehrtägigen Energiedefizite gäbe.

Exkurs #1: Berechnung des Speicherdefizits bei Agora Energiewende

Die Daten hier im Artikel stammen vom Zukunfts-Agorameter, welches den EE-Ausbau im Jahr 2040 simuliert mit: 11

  • 300 GW Photovoltaik
  • 60 GW Wind offshore
  • 140 GW Wind an Land

Leider kann man bei Agora unverständlicherweise nicht den Ziel-Ausbau im Jahr 2045 simulieren. Ich habe deshalb die Erzeugung noch um jeweils einen Faktor skaliert, um den Ausbau 2045 wiederzugeben:

  • 385 GW Photovoltaik (Faktor 1,28)
  • 70 GW Wind offshore (Faktor 1,17
  • 145 GW Wind an Land (Faktor 1,04)

Die Last wurde nicht skaliert, ist also eigentlich noch ein wenig höher (nur rund 5%). Agora Energiewende hat für 2040 52 GW Batteriespeicher und 6 GW Flexibilisierung berücksichtigt, sowie 7 GW Pumpspeicher und 37 GW Elektrolyseure.12

Um den Verbrauch von Elektrolyseuren nicht doppelt zu zählen, wurden die von Agora bei der Last berücksichtigten 37 GW Elektrolyseure im Jahr 2040 bei jeder Stunde mit 0 Residuallast als Einspeicherung berücksichtigt.

Es wurde für das Jahr 2022/2023 die stündliche Auflösung gewählt, bei der Betrachtung der Jahre seit 2012 die tägliche Auflösung. Die Unterschiede bei der Entladung im Winter 2022/2023 sind der unterschiedlichen Auflösung geschuldet.

Es wird von perfekten Speichern, ohne Verlusten ausgegangen, obwohl Saisonspeicher mit Wasserstoff 70-80% Verluste haben. Es wird außerdem keine Abreglung berücksichtigt, obwohl laut Agora nur 50 GW Elektrolyseure bis 2045 installiert werden.

Exkurs #2: Kalte Dunkelflaute: Unterschied zur Dunkelflaute?

Die kalte Dunkelflaute ist definiert als Dunkelflaute mit zusätzlich kalter Witterung und entsprechend hoher Energienachfrage:

  • kaum Wind
  • kaum Sonne
  • hohe Stromnachfrage

Dass alle drei Kriterien zum gleichen Zeitpunkt eintreten klingt erst einmal unwahrscheinlich. Das täuscht aber. Fast jede mehrtägige Flaute ist auch eine Dunkelflaute, weil mehrtägige Flauten im Winter oder der Übergangszeit auftreten. Fast jede mehrtägige Dunkelflaute ist demnach eine kalte Dunkelflaute.

An den meisten Wochentagen im Winter ist die Stromnachfrage nahe der Jahres-Spitzenlast. Das gilt besonders in Zukunft mit mehr Wärmepumpen am Netz. Die Fernwärme-Auskopplung ist dann ebenfalls nahe dem Maximum, wodurch in Deutschland mehrere GW Leistung bei der möglichen Stromerzeugung aus KWK-Anlagen fehlt.

Es macht nicht viel Sinn in Deutschland zwischen “normaler” Dunkelflaute und kalter Dunkelflaute zu unterscheiden. In der Praxis sind die Begriffe weitestgehend deckungsgleich.

Updates:

  • 21.04.2022: Erstmals veröffentlicht.
  • 01.11.2023: Berechnungen des Speicherdefizits hinzugefügt, da Agora Energiewende beim Zukunfts-Agorameter nun einen Datenexport anbietet. Die Berechnungen ersetzen das zu Recht kritisierte “Sichten nach Augenmaß”.

Quellen

  1. Zukunfts-Agorameter für 2040 – 01.06.2022-31.05.2023 Agora Energiewende (2023)
  2. Zukunfts-Agorameter für 2040 – 14.11.2022-21.12.2022 Agora Energiewende (2023)
  3. Zukunfts-Agorameter für 2040 – 15.1.2023-15.3.2023 Agora Energiewende (2023)
  4. Storage requirements in a 100% renewable electricity system Ruhnau & Qvist (2021)
  5. Klimaneutrales Deutschland 2045 Agora (2021)
  6. Frequency and duration of low-wind-power events in Germany Schill & Ohlendorf (2020)
  7. Liste von Batterie-Speicherkraftwerken Wikipedia (2022)
  8. Liste von Wetterereignissen in Europa Wikipedia (2022)
  9. Bericht der deutschen Übertragungsnetzbetreiber zur Leistungsbilanz 2017-2021 Netztransparenz (2018)
  10. Versorgungssicherheit in Süddeutschland bis 2025 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (2018)
  11. Klimaneutrales Deutschland 2045 S. 37 Agora (2021)
  12. Klimaneutrales Deutschland 2045 S. 39 Agora (2021)

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